Lange laufen - lange leiden
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Fr., 31.08.2018
Strapazen, Schmerzen und die reine Glückseligkeit
Elf Marathonläufe hat David Schönherr bereits hinter sich, den zwölften läuft der schnelle Ausdauersportler von den Laufsportfreunden Münster im Herbst in Berlin – und nicht in seiner Heimatstadt. Hier war er bereits drei Mal über die 42,195 Kilometer lange Distanz unterwegs und kennt die Strecke – auch aus zahlreichen Trainingsläufen – wie seine Westentasche. Der 29-Jährige hat seine Sicht auf die Dinge und erklärt, was abgeht auf den Leidenswegen zwischen Münsters Innenstadt, Gievenbeck, Nienberge und Roxel.
Foto: Oliver Werner -
Fr., 31.08.2018
Start
Hunderte gehen schrittweise vor – bis sie die Startlinie sehen können, sind die ersten schon mit zwei Kilometern Vorsprung weit weg. „Irgendwie zwischen Vorfreude, Kribbeln und Zweifel“ befindet sich David Schönherr. Zweifel, ob das Training, die 30-Kilometer-Läufe zuvor, ausgereicht hat. „Der Start ist die Belohnung für die Mühen“, sagt er.
Foto: Matthias Ahlke -
Fr., 31.08.2018
Km 5: Suchen
Cool bleiben: „Keine Panik, das wird schon.“ Die Läufer suchen und finden ihren Rhythmus. Müssen sie auch. Vielleicht ist das Anfangstempo ein wenig zu schnell? Schönherr (Foto): „Man muss in den Lauf reinfinden.“ Und in sich hineinhorchen: „Sind die Beine gut?“ Na dann, weiter geht es.
Foto: Jürgen Peperhowe -
Fr., 31.08.2018
Km 10: Fühlen
Wie fühlt sich der Lauf an? Gute Marathonis wissen das jetzt schon. „Man darf nicht überzocken, auch wenn die Zuschauer in der Altstadt die Läufer nach vorn peitschen. In der Promenade läuft’s sich gut. „Nur jetzt kein Pulver verschießen!“
Foto: colourbox.com -
Fr., 31.08.2018
Km 15: Essen nicht vergessen
Alte Marathon-Weisheit: „Wenn man jetzt was merkt, ist es schon zu spät.“ Die Läufer beobachten nun die kleinsten Körperreaktionen. „Um Himmels willen: jetzt bloß nicht Essen und Trinken vergessen.“ Die Energie-Gels schmecken zwar fürchterlich süß, helfen aber gegen den Hungerast und sind gut für die Psyche: „Man fühlt sich fitter mit dem ganzen Zeug.“ Also rein.
Foto: Jürgen Peperhowe -
Fr., 31.08.2018
Km 21: Die Hälfte
Die Hälfte ist geschafft – oder ist es erst die Hälfte? Auf jeden Fall ist die Halbmarathon-Marke kurz vor Nienberge eine psychologische. Bis jetzt sollte man getrödelt haben, Tempo kann man noch aufnehmen, jedenfalls wenn sich der Körper immer noch „fluffig“ anfühlt. Man läuft den Marathon ja auch im aeroben Bereich – anders wäre nicht unbedingt ratsam.
Foto: Jürgen Peperhowe -
Fr., 31.08.2018
Km 25: Einsamkeit
Jetzt wird’s einsam, zwischen Haus Vögeding und Twerenfeldweg geht es etwas bergauf – und es droht zugleich ein mentales Loch. „Bin ich noch in der Zeit, die ich mir vorgenommen habe? Aber man freut sich auf Roxel. Da geht die Party wieder richtig ab.“ Bis dahin ist es extrem hart – „man hat noch so viele Kilometer vor sich. Für den Kopf ist das wirklich nicht so vorteilhaft.“
Foto: Oliver Werner -
Fr., 31.08.2018
Km 30: Jetzt mal ordentlich Gas geben
Die Läufer sind schon fast aus Roxel raus, „da entscheidet sich: Wird es ein guter Marathon?“ – denn der „fängt jetzt erst richtig an“. Über die Roxeler Straße geht es leicht bergab. „Wenn man sich die Kraft gut eingeteilt hat, kommt man ins Rollen“ – und zwar noch ehe der „Mann mit dem Hammer“ hinter der nächsten Kurve lauert.
Foto: Sven Rapreger -
Fr., 31.08.2018
Km 35: Der Hammermann von Gievenbeck
Und da ist er schon, der Hammermann. Beim Münster-Marathon schlägt er oft in Gievenbeck zu. Wie hart er einen trifft, liegt auch an der Vorbereitung. Der Kerl trifft einen mit der vollen Breitseite. Das tut jetzt richtig weh. 80 Prozent aller Läufer haben hier die größten Zweifel, jeder Schritt schmerzt. Immer noch sind es sieben Kilometer bis zum Ziel, aber ab Kilometer 38 wird die Rest-Distanz überschaubar: „Noch vier, das geht eigentlich immer.“
Foto: Jürgen Peperhowe -
Fr., 31.08.2018
Km 40: Hart, härter
Jetzt wird’s körperlich richtig hart: „Phänomen letzte Meile“ nennt man den Teil der Strecke, an dem das Ziel doch schon zum Greifen nah ist. Trotz der Schmerzen: Man freut sich auf die Liebsten, die jetzt irgendwo am Streckenrand stehen und jubeln. Und wenn man vorher noch gefragt hat, warum, weiß man nun: genau darum!
Foto: Jürgen Peperhowe -
Fr., 31.08.2018
Km 41: Geschafft
Auf dem roten Teppich kurz vor der Ziellinie neigt man zum Endspurt. „Aber auf dem Kopfsteinpflaster geht das nicht wirklich – die Muskelfasern sind eh schon zerstört.“ Egal: Das Ziel ist pures Glück, die Emotionen überwältigen die Finisher. Neulinge fühlen sich als Helden – die Frage ist nur: „Wer trägt mich denn nun heim?“
Foto: Oliver Werner