Prof. Mouhanad Khorchide steht unter Druck
Muslime kritisieren das von Toleranz geprägte Islambild des Wissenschaftlers
Münster -
Prof. Mouhanad Khorchide, international bekannter islamischer Theologe aus Münster, wird aus den eigenen Reihen öffentlich kritisiert. Der Leiter des Zentrums für islamische Theologie der Universität, bekannt für sein von Toleranz geprägtes Religionsverständnis, wird von islamischen Organisationen aufgefordert, „Reue“ zu zeigen.
Von Karin VölkerDienstag, 05.03.2013, 09:03 Uhr
Der Bundespräsident und der Papst haben ihn empfangen. Wenn über den Islam in Deutschland gesprochen wird, interviewen die Medien Mouhanad Khorchide . Er war in der Tagesschau, im Heute-Journal, in allen großen überregionalen Zeitungen. Keine Frage, der Professor für islamische Theologie ist ein wichtiges Aushängeschild der Universität Münster .
Kritik an Khorchides Islambild
Sein von Toleranz geprägtes Verständnis des Islams gefällt aber nicht allen Muslimen. Das bekommt Khorchide jetzt zu spüren: Vertreter dreier islamischer Gruppen aus Hamburg kritisieren nach einem Bericht in der türkischen Zeitung „Türkiye“ massiv seine Positionen und verlangen von ihm, „Reue“ zu zeigen. Was bedeutet, er solle wesentliche Punkte seiner Sichtweise „widerrufen“, „übersetzt“ Noreddine Boulouh die Kritik.
Mouhanad Khorchide, 1971 in Beirut geboren, studierte zunächst im Libanon islamische Theologie, dann in Österreich Soziologie. In Wien promovierte er und arbeitete dort unter anderem als Imam. Bekannt wurde er durch eine Untersuchung, die die mangelnde Identifikation muslimischer Religionslehrer in Österreich mit den Prinzipien einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft feststellte. 2010 wurde Khorchide als Nachfolger von Prof. Sven Kalisch als Professor für islamische Religionspädagogik an die Uni Münster berufen. Er ist verantwortlich für die Ausbildung von muslimischen Religionslehrern an öffentlichen Schulen. Kalisch war zuvor wegen seiner Auffassung vom Islam von muslimischen Gruppen angefeindet und bedroht worden. Khorchide ist seit 2012 Leiter des Zentrums für islamische Theologie.
Der Vorsitzende der Ausländischen Studierendenvertretung der Universität Münster ist Student von Mouhanad Khorchide, er will später an deutschen öffentlichen Schulen muslimischen Kindern Religionsunterricht erteilen. Boulouh widerspricht der Darstellung der Kritiker, Studierende aus Münster seien abgewandert. „Die Studenten stehen hinter ihm“, versichert Boulouh. Die Verbände, die jetzt Kritik übten, repräsentierten die münsterischen Studenten nicht.
Reaktion des Wissenschaftlers
Mouhanad Khorchide, der selbst für die Redaktion nicht erreichbar war, äußert sich detailliert auf seiner Interseite zu den Vorwürfen der Kritiker. „Die Unterstellung, ich würde den Glauben an Gott oder den Propheten Muhammad dekonstruieren wollen, ist eine Verleumdung, die ich auf das Schärfste zurückweise“, findet Khorchide deutliche Worte und verweist auch auf die politisch-gesellschaftliche Dimension der Vorwürfe: „Für die Etablierung der islamischen Theologie in Deutschland wäre es sehr wichtig, dass Personen und muslimische Organisationen, die Interesse an der Förderung der islamischen Theologie in Deutschland haben, diesen Prozess wohlwollend begleiten.“ Auch der „krampfhafte Versuch einiger Personen und Institutionen, gerade den Standort Münster zu Fall zu bringen“, zeuge „von keiner islamischen, feinen Haltung“, schreibt Khorchide weiter.
Dass er nach dem Erscheinen seines Buches „Islam ist Barmherzigkeit“ mit Gegenwind aus dem Kreis der eigenen Glaubensgemeinschaft rechnete, daraus hat Khorchide kein Geheimnis gemacht. Die Universität Münster, die mit dem von Bund und Land geförderten Centrum für islamische Theologie eine von deutschlandweit fünf wissenschaftlichen Einrichtungen betreibt, bleibt gelassen: „Wir vertrauen auf die Expertise von Prof. Khorchide“ sagt Uni-Sprecher Norbert Robers. Zu Glaubensfragen nehme die Universität nicht Stellung.
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