Nach dem Bürgerentscheid
Viel mehr Sonntage auf der Kippe
Münster -
Nach dem Bürgerentscheid zeigt sich die Gewerkschaft Verdi gesprächsbereit. Doch die Innenstadt-Kaufleute sehen aktuell keinen Anlass, sich mit Verdi und den Kirchen an einen Tisch zu setzen.
Von Ralf Repöhler, Klaus BaumeisterMontag, 07.11.2016, 20:11 Uhr

Natürlich hatte Verdi-Geschäftsführer Bernd Bajohr die Faust triumphierend in die Luft gestreckt, als das Ergebnis in der Bürgerhalle klar war: Die Mehrheit der – relativ wenigen – Wähler votierte gegen weitere verkaufsoffene Sonntage in der Stadt. Doch vom Erfolg beseelte Abstimmungssieger sehen irgendwie euphorischer aus.
„Wir hätten uns den Bürgerentscheid und seine Kosten von über 300.000 Euro sparen können, wenn die Politik den Ratsbeschluss zurückgenommen und unser Gesprächsangebot angenommen hätte“, lehnt Bajohr am Tag danach die Verantwortung für die vergangenen Wochen ab.
Reaktionen auf den Bürgerentscheid
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»Ich bin wahnsinnig enttäuscht. Osnabrück hat sechs Verkaufstage mehr. Das tut Münster doch weh. Für Münster ist es furchtbar schade.« - Petra Pottmeyer
Foto: Matthias Ahlke -
»Die verkaufsoffenen Sonntage waren eine Bereicherung für Münster. Und zwei, drei Sonntage zerstören das Familienleben nicht.« - Julia Uler
Foto: Matthias Ahlke -
»Viele meiner Kolleginnen kommen nicht aus Münster. Wir sind davon betroffen, wieso durften wir nicht abstimmen?« - Katharina Bürhaus und Tochter Mia
Foto: Matthias Ahlke -
»Ich habe nichts gegen verkaufsoffene Sonntage, aber dann sollen sie für alle Branchen gelten, nicht nur für den Einzelhandel.« - Ralf Koring
Foto: Matthias Ahlke -
»Wir arbeiten gerne und da ist es egal, ob es jetzt ein Sonntag ist oder nicht. Wir wären dafür gewesen, dass der Sonntag offen bleibt.« - Judith Roski
Foto: Matthias Ahlke
Am Montag erneuerte der Gewerkschaftsfunktionär sein Gesprächsangebot an Kaufmannschaft und Rat, die Schlussfolgerungen aus Rechtsprechung und Bürgerentscheid gemeinsam zu erörtern. „Uns geht es darum, die Voraussetzungen für die nächsten Jahre gemeinsam abzuklopfen“, sagt Bajohr.
"Unfaires Foulspiel"
Dazu indessen ist Matthias Lückertz, Chef der Initiative Starke Innenstadt (ISI), zurzeit nicht bereit. „Ich halte es für wenig hilfreich, sich nun mit Verdi und den Kirchenvertretern an einen Tisch zu setzen.“ Lückertz spricht ganz offen vom „unfairen Foulspiel“ in den vergangenen Wochen. Auch Michael Radau , der Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes, lehnt Gespräche mit Verdi und den Kirchen ab. „Kurzfristig macht das keinen Sinn. Worüber sollen wir angesichts von Gerichtsurteilen und Bürgerentscheid noch reden?“, fragt er.
Sowohl Radau als auch Lückertz gehen davon aus, dass der Bürgerentscheid von Münster Signalwirkung haben wird. „Das Ergebnis wird eine Lawine auslösen“, ist sich Lückertz mit Blick auf die Region sicher.
Neue Anträge stellen
Über 100 verkaufsoffene Sonntage finden in diesem Jahr im Münsterland statt. Verdi hat die vier Landräte als Kommunalaufsicht bereits angeschrieben, wie damit in Zukunft umzugehen ist. Und: Die Verdi-Landesarbeitsgruppe Sonntagsöffnung wollte zunächst das Abstimmungsergebnis in Münster abwarten, um nun in Köln, Düsseldorf, Dortmund und Bochum die verkaufsoffenen Sonntage auf den Prüfstand zu stellen.
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Der städtische Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer erklärte derweil, dass die sogenannten Dauerverordnungen, auf deren Basis die Sonntagsöffnungen zum Handorfer Herbst, zum Straßenfest Hammer Straße und zum Fest am Haus Uhlenkotten genehmigt werden, aufgehoben werden sollen. Das bedeutet konkret für die betreffenden Kaufleute, dass sie neue Anträge auf der Basis der neuen Rechtslage stellen müssen.
Über die neuen Anträge müsse dann wieder der Rat entscheiden. Mit welchem Ergebnis, darüber wollte Heuer nicht spekulieren.
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