Serie Flussgeschichten
Ein plätscherndes Politikum - Eltingmühlenbach war FMO im Weg
Greven -
Was ihm Wasser bedeutet? Da muss Berufsnaturschützer Josef Tumbrinck nicht lange überlegen. Er sei selbst in der Nähe eines Baches aufgewachsen, sagt er, am Emmerbach in Münster-Hiltrup. Seit jeher habe Wasser wie ein Magnet auf ihn gewirkt, anziehend und besei es Bach, Fluss oder Meer, da kann man wunderbar die Seele baumeln lassen.“
Von Elmar RiesSamstag, 06.07.2013, 10:07 Uhr
Flüsse und ihre Geschichte: Im Münsterland spielt der Eltingmühlenbach eine besondere Rolle. Der Bach, der streng genommen ein Fluss ist, erlangte einen legendären Ruf, fließt er doch auch dort, wo die geplante Startbahn-Verlängerung des FlughafensMünster/ Osnabrück (FMO) zu liegen kommen sollte. Bach traf auf Beton: Gutgehen konnte das nicht. An den alten Streit erinnern will sich Tumbrinck an diesem Tag nicht.
Als NRW-Chef des Naturschutzbundes Deutschland ( Nabu ) war er damals für die Umweltschützer in den Ring gestiegen: Er und die FMO-Eigner einigten sich am Ende auf einen Kompromiss. Die Startbahn wird anstatt auf 3600 nur auf 3000 Meter gestreckt, dafür darf sich der Bach, der ein Fluss ist, künftig drumherum schlängeln, anstatt sich durch einen Tunnel darunter her quälen zu müssen – „was zum Nachteil für Flora und Fauna gewesen wäre“, sagt Tumbrinck.
Der erste Eindruck: Schön ist es am Eltingmühlenbach bei Greven. Schön, ruhig – und so postkartenidyllisch einladend wie in einem dieser alten Heimatfilme, in dem die schöne Bauerntochter am Ende doch den feschen Förster heiratet... „Herrlich hier, oder?“, sagt Tumbrinck mehr als er es fragt.
Der Eltingmühlenbach als plätscherndes Politikum, das ist nur die halbe Wahrheit: Der kleine Fluss, der der Aa entspringt und knapp 20 Kilometer weiter in der Glane verschwindet, ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige Tieflandbach im gesamten Münsterland. „Normalerweise haben Flüsse Kiesbetten, der hier hat eines aus Sand“, erklärt der Nabu-Experte.
Und das hat Folgen. Seltene Tiere leben hier, Köcherfliegen drehen hier ihre Runden, Prachtlibellen und Flussjungfern tanzen auf dem Wasser, in dem das Bachneunauge seine Eier ablegt, während der kleine Uferläufer nebenan seine Runden dreht.
Andere Bäche wurden geradegezogen oder in Betten aus Stein gezwungen. Anders der Eltingmühlenbach. „Der ist noch so, wie Bäche früher waren“, sagt Tumbrinck. Unberührt – weil unbedeutend. Und das ist fast schon das Tragische daran. Der kleine Fluss durfte natürlich bleiben, weil er für seine Anrainer über Jahrhunderte keine wirkliche Rolle gespielt hat.
Möglicherweise ist das immer noch so. Nur hat der Mensch inzwischen erkannt, dass auch die Natur als solche einen Wert in sich hat. Darum steht der Eltingmühlenbach in seiner unberührten Schönheit seit Jahren nicht nur unter deutschem Naturschutz, er wurde von der EU teilweise als besonders schützenswert geadelt – wobei böse Zungen nach wie vor behaupten, die damalige grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn habe das Verfahren in Brüssel nur eingeleitet, um die Startbahn-Verlängerung zu erschweren ...
Die Sonne scheint, das Wasser glitzert und windet sich träge durch‘s Naturbett, vom Bachneunauge keine Spur. Sei‘s drum: Es ist wirklich schön hier am Eltingmühlenbach, der auf weiten Strecken unbedeutend unberührt ist – und bleibt.
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