Leichtathletik
Überflieger auf dem Sprung: Jan Wiese setzt sich große Ziele für die Zukunft
Ahlen -
Jan Wiese gehört zu den größten deutschen Talenten im Weitsprung. Mit viel Akribie arbeitet der 15-jährige Ahlener an seiner Leichtathletik-Karriere. Dafür verzichtet er sogar vollständig auf einen (anderen) Lieblingssport.
Von Cedric Gebhardt
Das Super-Bowl-Finale zwischen den Los Angeles Rams und den New England Patriots am vergangenen Wochenende hat Jan Wiese mit großem Interesse verfolgt. Der 15-jährige Ahlener steht total auf American Football. Sein schwarzes T-Shirt der Atlanta Falcons zeugt davon. In der Vitrine in seinem Zimmer liegt ein Spielball aus Stoff, außerdem die aktuelle Version des NFL-Videospiels für die Playstation.
„Vor dem Fernseher fiebere ich immer mit und ich würde es auch gerne selbst mal spielen“, sagt Wiese. Das aber kommt nicht in Frage. „Es ist zu riskant. Wenn dir dabei jemand in die Knochen springt, ist es mit der Leichtathletik vorbei“, erklärt Wiese. Und das würde die ehrgeizigen Pläne des Ahleners durchkreuzen. Denn Jan Wiese, mit 6,28 Metern auf Platz zwei der offiziellen deutschen Bestenliste im Weitsprung der M14, hat sich für die Zukunft viel vorgenommen.
Olympische Jugendspiele sind das Ziel
Mitte Februar die OWL-Meisterschaft, „um abzustecken, wo wir stehen“, Anfang März die Westfälischen Hallenmeisterschaften in Paderborn sowie den Länderkampf mit dem FLVW gegen Belgien und die Niederlande. Das alles aber sind nur Etappen auf dem Weg zu viel größeren Zielen.
Zum Beispiel den NRW-Meisterschaften in Duisburg im Juni und den Deutschen Meisterschaften im Juli in Bremen. Aber auch das sollen nur Zwischenstationen auf dem Weg nach ganz oben werden. „2020 würde ich gerne an den U18-Europameisterschaften teilnehmen und 2022 an den Olympischen Jugendspielen, das ist mein Hauptziel“, verrät der Neuntklässler, der das Gymnasium St. Michael besucht.
Die Voraussetzungen stimmen
Die Zielsetzungen sind keine Fantastereien. Jan Wiese hat das Zeug dazu. Er ist schon jetzt 1,88 Meter groß, topfit, selbstbewusst und reflektiert genug, um seine Chancen realistisch einzuschätzen. Das nötige Talent bringt er ebenso wie Ehrgeiz, Disziplin und Willensstärke mit. Aber es braucht eben immer auch noch eine Prise Glück und viel Gesundheit, um es bis an die Spitze zu schaffen. Beides lässt sich nicht erzwingen.
Aber der 15-Jährige versucht, dafür die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen. Dreimal die Woche trainiert er bei der LG Ahlen im Sportpark Nord, einmal im Landesleistungsstützpunkt in Münster. Abends vor dem Fernseher macht er zudem Übungen zur Kräftigung und Dehnung. Außerdem gibt es abends wenig Kohlenhydrate und Zucker. Die Ernährung muss stimmen.
Als Entbehrung empfindet Jan Wiese das nicht. „Ich habe das Glück, dass sich meine Eltern selbst mit gesunder Ernährung befassen und dementsprechend kochen“, erzählt Jan Wiese.
Enge Vater-Sohn-Beziehung
Sein Vater Mark ist zudem sein Trainer bei der LG Ahlen. Eine Konstellation, die Konflikte bergen könnte. „Am Anfang musste ich mich daran gewöhnen, dass er zu Hause mein Vater und beim Training mein Trainer ist. Ich musste erst mal lernen, das zu trennen. Aber insgesamt sehe ich das eher als Vorteil, weil mich mein Papa so gut kennt. Und bei Meinungsverschiedenheiten kommen wir letztlich immer auf einen Nenner“, sagt Jan Wiese. „Deinem eigenen Kind gegenüber bist du als Trainer strenger“, versichert Mark Wiese. Er und sein Sohn hätten ein offenes Verhältnis, das es ihnen erlaube, alle Themen anzusprechen – auch solche, bei denen ihre Auffassungen mal auseinandergingen.
Wie sein Filius ist auch Mark Wiese ehrgeizig. Bei allem Streben nach Erfolg möchte er aber vor allem eines: „Dass Jan fit und gesund bleibt.“ Das sei das Wichtigste. Erst an zweiter Stelle stehe die sportliche Entwicklung. Und bei der fokussiert sich sein Sohn vor allem auf die 100 Meter und den Weitsprung. Hin und wieder tritt der jugendliche Tausendsassa bei Wettkämpfen aber auch im Speer- oder Diskuswurf, beim Kugelstoßen oder im Hürdenlauf an. „Das mache ich aber nur zum Ausgleich und um mal etwas anderes auszuprobieren“, versichert Jan Wiese. Ambitionen hegt er hier nicht.
Sprint und Sprung treiben ihn an. „Das Besondere am Weitsprung ist dieses Gefühl, wenn man perfekt den Balken trifft einfach fliegt und das Gefühl hat, dass man gar nicht mehr landet“, sagt Jan Wiese. Dass er für dieses Gefühl auf die Ausübung von American Football als aktive Sportart verzichten muss, nimmt er in Kauf. Dafür bleibt ja dann noch Zeit – nach der Leichtathletik-Karriere.