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Lenz-Thema

Sie hat Einblick in die Zauberkarten

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Angefangen hat die 26-jährige Nina Weymann-Schulz mit Urlaubsbildern. „Wir waren auf Klassenfahrt in Brighton in England, und ich wollte einfach tolle Bilder mitbringen“, erzählt sie. Also hat sie geknipst: Sonnenuntergänge am Meer, rostige Anker vor einem unscharfen Hintergrund. Schnell musste die erste gute Kamera her: eine Canon Spiegelreflex für umgerechnet 130 D-Mark.

Bei der Münsterländischen Volkszeitung in Rheine machte sie ihr erstes Praktikum. „Da habe ich dann nicht Strände, sondern eine Lidl-Baustelle fotografiert.“ Seitdem hat Nina Weymann-Schulz weder aufgehört zu fotografieren noch zu reisen.

Nach dem Abitur packte die junge Fotografin ihren Rucksack und ging nach Neuseeland, dann Südostasien, schließlich auf den Balkan. „Ich habe auf meinen Touren immer wieder tolle Fotografen kennengelernt, die mich sehr beeindruckt haben“, sagt sie.

Das war, als würde man einem Zauberer in die Karten gucken.

Einer, der sie in jüngster Zeit beeindruckt hat, ist Mads Nissen. Der 32-jährige Däne gilt als überaus talentierter Fotograf. In der aktuellen „World Press Photo“-Ausstellung, die vom 19. bis 29. August in Köln zu sehen ist, sind unter anderem seine Bilder ausgestellt. „Mads Nissen war als Workshop-Leiter an der Uni in Aarhus, wo ich zwei Auslandssemester gemacht habe“, erzählt Nina. „Er hat uns all seine entstandenen Bilder zu der Reportage gezeigt, mit der er bei der Ausstellung gewonnen hat. Das war, als würde man einem Zauberer in die Karten gucken.“

Ob sie auch gerne einmal bei der „World Press Photo“-Ausstellung dabei wäre? „Na klar. Wer wäre das nicht?!“, fragt sie zurück. Doch Nina bleibt für den Moment bescheiden. Bei der jungen Fotojournalismus-Studentin läuft es auch so rund. Gerade hat sie einige Zeit in New York verbracht und obendrauf noch einen Förderpreis gewonnen. Die Auszeichnung für ihre vertikalen Panoramabilder aus Chinatown ist für sie der Höhepunkt ihrer junge Karriere. „Ich wurde hier für etwas belohnt, hinter dem ich selbst voll stehe“, sagt sie.

Dass die Bilder etwas mit einem selbst zu tun haben, ist für Nina Weymann-Schulz die große Kunst, die sich von der Facebook-Knipserei unterscheidet. „Ein Bild sollte den Standpunkt des Fotografen deutlich werden lassen“, sagt sie. Früher habe es gereicht, einfach nur eine Situation abzufotografieren. „Solange das Foto scharf war, war es ein gutes Foto“, sagt sie. Diese Zeiten seien vorbei. Preiswürdig seien Bilder, die es schaffen „eine subjektive Realität darzustellen“.

Als Belohnung empfindet Nina Weymann-Schulz aber nicht nur Preise. „Es ist toll, wenn meine Bilder abgelichtet werden. Auch das ist eine Auszeichnung.“ Inzwischen hat sie Veröffentlichungen in Magazinen wie „Mare“, „Der Freitag“ und „Wir - Menschen im Wandel“. Und bei der Münsterländischen Volkszeitung. „Den Zeitungsausschnitt mit der Lidl-Baustelle in Rheine habe ich noch.“

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