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Die grüne Kanzlerkandidatin im Porträt

Das ist Annalena Baerbock

Münster

Der Lebenslauf von Annalena Baerbock klingt lange wie eine grüne Traumbiografie. Sie ist die jüngste Kanzlerkandidatin, die erste Grüne in diesem Amt. Von ihren Mitbewerbern Armin Laschet und Olaf Scholz unterscheidet sie ihre jugendliche Energie. Doch dann kommt alles anders.

Von Claudia Kramer-Santel

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, hier 2019 in Münster Foto: Claudia Kramer-Santel Foto: Claudia Kramer-Santel
  • Annalena Baerbock tritt bei der Bundestagswahl 2021 als Kanzlerkandidatin für die Grünen an.
  • Baerbock ist seit 2013 Bundestagsabgeordnete in Potsdam.
  • Sie tritt gegen die Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) an.
  • Baerbock ist die jüngste der der Kanzlerkandidaten - und die erste Grüne mit diesem Amt.

Der Lebenslauf von Annalena Baerbock klingt lange wie eine grüne Traumbiografie. Sie ist die jüngste Kanzlerkandidatin bei der Bundestagswahl 2021, die erste Grüne mit diesem Amt. Von ihren Mitbewerbern Armin Laschet und Olaf Scholz unterscheidet sie ihre jugendliche Energie. Doch dann kommt alles anders.

Wie tickt Annalena Baerbock?

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock strahlte lange die Selbstgewissheit eines jungen grünen „Shooting Stars“ aus. Sie verbreitet die Aura einer forschen jungen Frau, die auszog, um die Welt zu erobern. Ein Beispiel: Ein Interviewtermin mit ihr an einem frühen Samstagmorgen im März 2019 in Münster. Frisch gestylt kommt sie ins Kaminzimmer eines Hotels. Sie ist ganz in Schwarz, dazu trägt sie eine lindgrüne Lederjacke – eine Art Markenzeichen – und bringt einen Latte macchiato mit. Beim Interviewtermin zeigt sie sich aufgeweckt, voller Energie und professionell. Ihre damalige Zwischenbilanz nach einem Jahr als Grünen-Chefin sagt viel über sie aus: „Am meisten freut es mich, dass diese Gesellschaft gerade überall darauf brennt, politisch mitzureden. Das aufzugreifen, ist mein Ansporn.“ Sie will etwas, da herrscht kein Zweifel.

Wie verlief die Kindheit von Annalena Baerbock?

Alles klingt nach einer grünen Traumbiografie: In der Kleinstadt Pattensen bei Hannover wächst Annalena Charlotte Alma Baerbock mit zwei Schwestern auf. Sie fährt früh mit den Eltern – Mutter: Sozialpädagogin, Vater Ingenieur – zu Demonstrationen gegen Atomkraft. Ein Auslandsjahr führt sie in die USA. Sie betreibt Trampolinturnen als Leistungssport. Dann studiert sie Politikwissenschaften mit Nebenfach Öffentliches Recht in Hannover. Nach dem Vordiplom erwirbt sie an der London School of Economics einen Masterabschluss. Immer wieder lenkt Annalena Baerbock auch das Thema auf Europa. Es ist neben dem Klimaschutz und der Sozialpolitik ihr Kernanliegen. In Interviews betont sie, dass ihre Tätigkeiten im Umfeld des Europäischen Parlaments sie bestärkt haben, politisch aktiv zu werden. So arbeitete sie mehrere Jahre für die Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter.

Was macht Annalena Baerbock anders und wie setzt sie sich politisch gegen Robert Habeck durch?

Die zweifache Mutter kommt ohne ideologisches Pathos und den Betroffenheitskult der grünen Gründerzeit daher, will ganz bewusst nicht eine abgehobene Großstadt-Arroganz ausstrahlen. Immer wieder zieht es Annalena Baerbock aufs Land, denn sie weiß, dass die Grünen ihr Wählerspektrum erweitern müssen. Sie ist parteiintern Brückenglied zwischen klimapolitischen Aufbruch und realpolitischem Pragmatismus.

Ihr Aufstieg wurde erst nach dem Umzug nach Brandenburg möglich. Hier wurde Annalena Baerbock Landesvorsitzende und ist seit 2013 Bundestagsabgeordnete in Potsdam. 2018 wurde sie dann mit Robert Habeck zur Parteivorsitzenden gewählt. Zwei „Realos“ an der Spitze – ein Novum. 2019 wurden beide bestätigt – sie mit dem Traumergebnis von 97,1 Prozent. Kein Zweifel: Die grüne Basis liebt sie. Am Anfang wurde sie oft als Quotenfrau an der Seite von Polit-Routinier Habeck belächelt. Doch sie setzte sich durch und wurde relativ geräuschlos Kanzlerkandidatin. Dass es so wenig offenen „Zoff“ der Flügel gibt, rechnet man ihr zu.

Was weiß man über das Privatleben von Annalena Baerbock?

Die grüne Kanzlerkandidatin erzählt immer wieder, sie stehe mitten im Leben. Sie ist mit dem PR-Berater Daniel Holefleisch verheiratet und lebt mit ihm und den zwei Töchtern im Grundschulalter in Potsdam. Holefleisch war selbst bei den Grünen tätig, nun bei der Deutsche Post DHL Group. Annalena Baerbock wurde als Kanzlerkandidatin schnell mit der frauentypischen Frage konfrontiert, ob sie die Doppelbelastung als mögliche Kanzlerin schaffen würde. Auf ihrer Homepage sagt sie dazu: „Mädchen sollen heute alles werden können.“ Doch sie schreibt auch: „Es gibt Tage, die gehören den Kindern, komme was wolle.“ In einem Interview erklärte sie, ihr Mann werde eine berufliche Auszeit nehmen. „Wenn ich ein Regierungsamt annehme, ist ganz klar, dass mein Mann seine Arbeit dort (bei DHL) so nicht fortführen wird“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.

Was sind die Probleme von Annalena Baerbocks Kandidatur für die Bundestagswahl 2021?

Mit der Kanzlerkandidatur kam der Wendepunkt ihres positiven Macher-Images, so heftig, dass man sie wochenlang nur wenig sah. Ihr Ehrgeiz wirkt vor dem Hintergrund von ungenauen und beschönigenden Angaben im Lebenslauf und Plagiatsvorwürfen in vielen Passagen ihres Buchs „Wie wir unser Land erneuern“ plötzlich unsympathisch und unehrlich. Es sind immer neue Dinge, die an Annalena Baerbocks Image kratzen. Dazu trugen auch ihre teils unbeholfenen Reaktionen bei. Plötzlich steht die Frage im Raum: Was stimmt, was nicht an ihren Aussagen? Annalena Baerbock wird nun mit sinkenden Umfragewerten bestraft. Hinzu kommt ein zweites Problem: Der größte Zweifel, der der 40-Jährigen als Kanzlerkandidatin anhaftet, ist ihre Unerfahrenheit. Sie musste deshalb damit rechnen, dass ihr Lebenslauf gründlich durchleuchtet wird. Hat sie aber offenbar nicht. Dass sie in so viele Fettnäpfe stolperte, lässt sie naiv wirken.

Was will Annalena Baerbock politisch erreichen?

Die jüngsten inhaltlichen Vorstöße von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wirken merkwürdig radikal und unbedacht. Jüngstes Beispiel: ein grünes Mega-Klimaministerium mit Vetorecht. Das klingt wie der trotzige Versuch, sich als Juniorpartner einer Regierung ein Nebenkanzleramt heranzuzüchten. Zu allem Überfluss wird auch noch nach wochenlangem Hin und Her die grüne Landesliste im Saarland abgelehnt. Wertvolle Zweitstimmen fallen weg. Das erinnert daran, dass die Grünen immer noch eine wilde Seite haben und sich auch von Annalena Baerbock nicht immer zähmen lassen.

Über alle weiteren Nachrichten rund um die aktuelle Wahl informieren wir Sie auf der Sonderseite zur Bundestagswahl 2021 auf wn.de.

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