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Der SPD-Kanzlerkandidat im Porträt

Das ist Olaf Scholz

Münster

Den Kampf um den SPD-Parteivorsitz hat Olaf Scholz verloren. Dennoch geht er als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten in die Bundestagswahl. Bei den persönlichen Beliebtheitswerten sticht er Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) aus.

Von Martin Ellerich

Bei Reden wirkt der SPD-Kanzlerkandidat zuweilen hölzern, was ihm den Spitznamen „Scholzomat“ einbrachte, doch der selbst ernannte Langschläfer, Hobbykoch (Königsberger Klopse) und Jogger Olaf Scholz liefert Ergebnisse. Foto: Foto: Christoph Hardt
  • Olaf Scholz tritt bei der Bundestagswahl 2021 als Kanzlerkandidat für die SPD an.
  • Seit März 2018 ist Scholz Stellvertreter der Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Bundesfinanzminister.
  • Bereits als 17-Jähriger ist Scholz in die Jusos eingetreten.
  • Er tritt gegen die Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) an.

Olaf Scholz hat schon in dem Sessel gesessen, um den er kämpft – allerdings nur als Angela Merkels Vertretung. Anfang August – in der Sommerpause – leitete Vizekanzler Olaf Scholz eine Sitzung des Bundes­kabinetts vom Sessel der ur­laubenden Kanzlerin aus. Bei der Erfahrung kann der SPD-Kanzlerkandidat also schon einmal punkten gegenüber den Mitbewerbern Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (Union). Auch bei den persönlichen Beliebtheitswerten sticht er die anderen aus.

Wie tickt Olaf Scholz?

Der Vize-Kanzler und Finanzminister ist als Ex-Bundesarbeitsminister (2007-2009) und Ex-Bürgermeister von Hamburg (2011-2018) ein politisches Schwergewicht - aber alles andere als eine Rampensau. Seine Auftritte wirken – positiv ausgedrückt – hanseatisch nüchtern. Böser formuliert erscheinen sie hölzern und technokratisch. „Scholzomat“ haben sie ihn deshalb getauft, als er in der Rolle des SPD-General­sekretärs (2002-2004) die Agenda-Politik des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder „verkaufte“ – immer genau auf Linie. Ein emotionaler Charismatiker wie Willy Brandt ist Scholz nicht. „Ich bewerbe mich schließlich als Kanzler und nicht als ­Zirkusdirektor“, konterte er kürzlich fast schon witzig in der Gesprächsreihe „Brigitte live“.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz liefert Ergebnisse und wirkt dann wie gelöst: Etwa bei der Bootsfahrt mit der amtierenden deutschen Generalkonsulin Tatjana Schenke-Olivieri durch die Lagune von Venedig beim EU-Finanzministertreffen, wo er die Einigung auf eine Mindeststeuer für multinationale Unternehmen erreichte. Foto: Imago/Xander Heinl/photothek.de

Was hat Olaf Scholz politisch erreicht?

Der staubtrockene, nüchterne Auftritt birgt die Gefahr, den Kanzlerkandidaten zu unterschätzen, so wie es einst auch Merkel erging. Automaten arbeiten – und das zumeist reibungslos. Der „Scholzomat“ – er liefert. Als Arbeitsminister setzte er Branchenmindestlöhne durch. Auch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes in der Finanzkrise 2008 wird ihm zu­geschrieben. Ein Mittel, dass sich auch jetzt wieder in der Pandemie bewährt hat. Als Bundesfinanz­minister schnürte er mit an den Corona- und Flut-Hilfs­paketen in Milliardenhöhe. Wenn es sein muss, packt der Anhänger der „Schwarzen Null“ und nüchterne Buchhalter eben die „Ba­zooka“ aus. Und als er im Kreis der EU-Finanzminister letztlich in Venedig die Übereinkunft über Mindeststeuern für multinationale Unternehmen durchsetzte, wirkte er auf den Fotos von der Bootsfahrt durch die ­Lagune schon fast wie ­Commissario Brunetti aus dem Fernsehen: kein Action-Held, aber ein kluger und hartnäckiger Kopf, mit dem man rechnen muss.

Brennende Barrikaden im Hamburger Schanzenviertel: Dass er die gewalttätigen G20-Proteste am Rande des G20-Gipfels nicht verhindern konnte, nennt Olaf Scholz seine schmerzhafteste Niederlage. Foto: Foto: dpa

Stärken und Schwächen

Was hat Scholz in seiner Karriere verpatzt?

Er wolle „ordentlich regieren“, hatte er 2011 bei der Wahl zum Ersten Bürgermeister von Hamburg gesagt. Meterweise Akten soll der gelernte Jurist (Universität Hamburg) und Rechtsanwalt als Bürgermeister „gefressen“ haben, was ihm nicht nur den Ruf eines fleißigen Arbeiters, sondern auch des „Kontrollfreaks“ eingebracht hat. Dennoch versagt Scholz’ Erinnerung, wenn es um drei Treffen in seiner Zeit als Bürgermeister mit den Haupt­eignern der Hamburger Warburg-Bank geht, die Pro­bleme wegen des Cum-ex-Skandals hatten. Einer der Eigner deutete Scholz Zurückhaltung im Gespräch später so, „dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen“.

Im Skandal um Wirecard lastete die Union dem ­Finanzminister im Juni an, der ihm unterstellten Finanzaufsicht Bafin hätten die mutmaßlichen Betrügereien des Finanzdienstleisters früher auffallen müssen. Die SPD verweist wiederum auf die Wirtschaftsprüfer, die Wirecard jahrelang tadellose Bilanzen bescheinigt hätten.

Scholz selbst nannte bei „Brigitte live“ die Gewalt beim G20-Gipfel in Hamburg als seine schmerz­hafteste Niederlage. Er habe die Hamburger nicht so beschützen können, „wie ich wollte“, sagte Scholz. „Das bedrückt mich bis heute.“

Auch Olaf Scholz Ehefrau ist SPD-Politikerin: Britta Ernst ist Bildungsministerin in Brandenburg. Sie lockte den Hamburger nach Potsdam. „Durch sie bin ich ein anderer Mensch geworden“, sagt Scholz über seine Frau kürzlich im Talk „Brigitte live“. Kinder haben die beiden nicht. Foto: Foto: dpa

Wie ist das Verhältnis von Olaf Scholz zur SPD?

Bereits als 17-Jähriger ist Scholz in die Jusos einge­treten. Dort galt der gebürtige Osnabrücker, der in Hamburg aufwuchs, als Linker. Das hat sich geändert: Als SPD-Generalsekretär und später als Arbeitsminister der großen Koalition setzte er Schröders Hartz-Agenda mit durch. Nun muss er sich mit dem Drängen seiner SPD herumschlagen, die die verhassten Reformen abschaffen will.

2019 scheiterte Scholz im Rennen um den SPD-Vorsitz gegen die Parteilinken Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Trotzdem stellte ihn die SPD, die ihn als Partei-Chef nicht wollte, als Kanzlerkandidat auf. Die Partei kann er nicht führen, aber das Land schon? Ist er für die SPD ein Kandidat zweiter Wahl?

„Die SPD und ich sind ein Herz und eine Seele“, be­teuert Scholz gerne. Doch was Koalitionen betrifft, schlagen die Herzen nicht im Takt: „Ich mag die Linkspartei nicht“, hat Scholz der „Bild“ einst ­gesagt. Esken dagegen lieb­äugelt offen mit Rot-Rot-Grün. Da liegen Hürden auf dem Weg in den Kanzler­sessel – nicht zuletzt die Wahl.

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