Die Wahlthemen der Bundestagswahl 2021
Das steht in den Wahlprogrammen zu Wirtschaft, Finanzen und Steuern
Münster
Zunehmender Wohlstand und Klimaschutz gleichzeitig: Wie wollen die Parteien mit dem Konflikt zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen im Angesicht der Corona-Lage umgehen? Ein Blick in die Wahlprogramme.
Die Corona-Pandemie hat tiefe Löcher in die Staatskassen gerissen. Zudem erhöhen die ökologischen Problemlagen den Druck, Wohlstand und Wirtschaftskraft vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Im Themenfeld „Wirtschaft, Finanzen und Steuern“ haben wir beim Blick in die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl 2021 versucht herauszuarbeiten, wie die Parteien diesen Spagat angehen wollen.
CDU/CSU: „Modernisierungsjahrzehnt" ist notwendig
Ein „Entfesselungspaket für die deutsche Wirtschaft“ verspricht die Union. Die Christdemokraten wollen „nachhaltiges Wachstum, Klimaschutz und soziale Sicherheit“ miteinander verbinden. Nötig sei nichts weniger als „ein Modernisierungsjahrzehnt“. Die Bündnispartner setzen auf die Kraft der sozialen Marktwirtschaft und auf Wettbewerb. 2022 soll zudem der Startschuss erfolgen für ein „Gründerjahrzehnt“, in dem mit neuen Ideen neuer Wohlstand geschaffen wird; mit dem Zukunftsfonds I sollen in diesem Zusammenhang mindestens 30 Millionen Euro mobilisiert werden.
Unternehmen sollen von Steuern und Bürokratie entlastet werden. Nach dem starken Einbruch der Corona-Pandemie will die Union schnellstmöglich ausgeglichene Haushalte und die „schwarze Null“ – das alles aber soll ohne Steuererhöhungen erreicht werden. Eine neuerliche Aushebelung oder gar eine Abschaffung der Schuldenbremse lehnt sie ebenfalls ab. Höhere Spitzensteuersätze, eine Anhebung der Erbschafts- sowie Vermögenssteuer wollen die Christdemokraten verhindern. Unternehmenssteuern sollen bei 25 Prozent gedeckelt werden, und auch der Solidaritätszuschlag soll abgeschafft werden.
SPD: Spitzenverdiener stärker zur Kasse bitten
Der Staat soll künftig mehr denn je „als strategischer Investor, als Ordnungs- und Gestaltungskraft“ auftreten. Die Sozialdemokraten rufen vier Zukunftsmissionen aus: Klimaschutz, Mobilität, Digitalisierung und Gesundheit – jährlich sollen mindestens 50 Milliarden Euro in diese Felder fließen. Die Investitionskraft der öffentlichen Hand, so schreibt es die SPD, habe dabei eine zentrale Bedeutung – sie müsse als „große Abnehmerin von Produkten und Dienstleistungen Verantwortung übernehmen“, dazu brauche es flächendeckend starke und handlungsfähige Kommunen.
Eine strikte Sparpolitik lehnt die SPD nach dem Ende der Corona-Pandemie ab – und lässt ihr Bekenntnis zur „schwarzen Null“ fallen. Insbesondere für Investitionen in die vier genannten Zukunftsfelder sollen auch Schulden gemacht werden können. Die deutsche Industrie soll bald CO2-neutral produzieren – und durch den Export von Klimaschutz-Technologien weltweit führend werden. Mit Einschnitten müssen die „oberen fünf Prozent“ rechnen: Mit einer entsprechenden Einkommensteuerreform wollen die Sozialdemokraten kleinere und mittlere Einkommen stärker entlasten – und Spitzenverdiener stärker zur Kasse bitten. Ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 250 000 gibt es einen Aufschlag von drei Prozentpunkten bei der Einkommenssteuer. Für „Superreiche“ wollen die Sozialdemokraten zudem die Vermögensteuer wieder einführen.


Grüne: Kreislaufwirtschaft und Gründer-Förderungen
Unter dem Titel „In die Zukunft wirtschaften“ gönnen die Grünen dem Thema Wirtschaft satte 20 Seiten. Dabei soll die Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausgerichtet und eine Kreislaufwirtschaft etabliert werden. Die Grünen versprechen Planungssicherheit für die Wirtschaft – mit ehrgeizigen Vorgaben für CO2-Reduktionsziele und Produktstandards wollen sie Impulse für neue Investitionen setzen. Klimagerechtes Handeln soll mit fairen Preisen belohnt werden.
Mit einer konsequenten ökologischen Modernisierung wollen die Grünen nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen steigern, sie soll zu „einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen“ führen. Kleinen und mittleren Unternehmen wollen die Grünen nach der Corona-Krise verstärkt unter die Arme greifen. Mit bis zu 25.000 Euro sollen Gründer und Gründerinnen gefördert werden.
Den Weg zur Transformation zu einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ wollen die Grünen mit Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro jährlich bereiten; diese sollen im kommenden Jahrzehnt vor allem in Zukunftstechnologien fließen. Dazu zählen schnelles Internet, klimaneutrale Infrastrukturen, E-Ladesäulen, Radwege, erneuerbare Energien, moderne Stadtentwicklung und einiges mehr. Zur Finanzierung soll die Schuldenbremse dahingehend reformiert werden, dass Investitionen, die dazu taugen, neues öffentliches Vermögen zu schaffen, möglich werden. Ähnlich wie bei der SPD werden auch bei den Grünen die Spitzenverdiener damit rechnen müssen, stärker belastet zu werden.
Die Finanzmärkte will die Partei in eine nachhaltige Richtung entwickeln: Klimaziele, Menschenrechte, Arbeitsnormen sollen für Anleger als Entscheidungsgrundlage transparent werden. Außerdem befürworten die Grünen die Einführung eines digitalen Euros als Ergänzung zum Bargeld.
FDP: Globale Mindestbesteuerung von Unternehmen
Um nach der Pandemie wieder mehr Wachstum zu erreichen, will die FDP „entlasten, entfesseln, investieren“. Die Abgabenbelastung soll nach dem Willen der Liberalen wieder unter 40 Prozent sinken. Der Spitzensteuersatz soll künftig erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 90 000 Euro greifen. Gemäß den Maastricht-Kriterien soll die Schuldenstandsquote Deutschland zügig wieder unter die 60-Prozent-Marke gesenkt werden. Die freien Demokraten wollen Beteiligungen des Staates durch Verkäufe rückabwickeln – beispielsweise für die Post und die Telekom.
Abgeschafft werden sollen zudem Lenkungssteuern wie Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuern, die Bier- sowie die Kaffeesteuer. Die FDP setzt sich auch für einen transatlantischen Wirtschaftsraum und fordert eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmen. Auch die freien Demokraten möchten eine Investitionsoffensive starten, so sollen „im Jahr 2025 in Deutschland 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes investiert werden“, und zwar privat und nicht vorrangig vom Staat.
Die Linke: Progressive Vermögenssteuer
Die Linke möchte eine progressive Vermögenssteuer einführen und damit hohe Vermögen und Erbschaften stärker besteuern. Mit dem Geld sollen Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit getätigt werden. Die Wirtschaft soll nach dem Willen den Linken bis 2035 klimaneutral sein und energie- und ressourcenschonend umgebaut werden. Mit einem Industrie-Transformationsfonds in Höhe von jährlich 20 Milliarden Euro soll die heimische Wirtschaft dabei unterstützt werden.
AfD: Wohlstand für alle
Die AfD möchte die Abgabenlast deutlich senken – sie will sich auf die Umsatz- und Einkommenssteuer konzentrieren; die Grundsteuer, die Gewerbesteuer und kleinere Verbrauchssteuern sollen abgeschafft werden. Die AfD will „die soziale Marktwirtschaft von Ludwig Erhard wiederbeleben und Wohlstand für alle schaffen“.
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