Fragen & Antworten: Was bedeutet der Kriegswinter für die Ukraine?

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Montag, 05.12.2022
Die russische Armee hat die Energieversorgung der Ukraine massiv beschädigt. Viele Haushalte sind bei eisigen Temperaturen zeitweise oder sogar komplett ohne Heizung, Strom und Wasser. Jetzt steht der Winter vor der Tür. Welche Auswirkungen hat der Winter auf das Leben der Bevölkerung und den Fortgang des Krieges in der Ukraine? Ein Überblick.
Foto: AP/dpa/Bernat Armangue
Montag, 05.12.2022
Wie ist die Energiesituation zum Winterbeginn?
Viele Haushalte erhalten nur noch maximal acht Stunden Strom täglich. Laut Netzbetreiber Ukrenerho fehlt landesweit mehr als ein Viertel und in Kiew mehr als ein Drittel der nötigen Strommenge. Importe aus dem Westen decken höchstens zehn Prozent des Bedarfs. Ministerpräsident Denys Schmyhal versucht zu beruhigen: Die Reserven reichten aus, um das Land mit Elektrizität und Fernwärme zu versorgen. Über 50 Prozent des Strombedarfs werden ohnehin durch die Atom- und Wasserkraftwerke gedeckt.
Foto: AP/dpa/Evgeniy Maloletka
Montag, 05.12.2022
Kann sich das Land mit Lebensmitteln versorgen?
Geschäfte und Märkte sind bis auf die frontnahen Gebiete gut gefüllt. Aufgrund von Arbeitslosigkeit und einer Inflationsrate von 26,6 Prozent im Oktober können sich aber immer weniger Ukrainer Lebensmittel und andere Produkte des täglichen Bedarfs leisten. Die Durchschnittsrente der etwa elf Millionen Rentner liegt bei umgerechnet 120 Euro. Die Mehrzahl von ihnen muss jedoch mit monatlich nicht mehr als 75 Euro überleben und ist auf Hilfen von Verwandten oder Hilfsorganisationen angewiesen.
Foto: AP/dpa/Andriy Andriyenko
Montag, 05.12.2022
Wird es eine neue Treibstoffkrise in der Ukraine geben?
Die Ukrainer nutzen massiv Stromgeneratoren. Die Regierung hat den Import durch eine Zollbefreiung stimuliert. Im Nahverkehr wurden die Oberleitungsbusse und Straßenbahnen durch dieselbetriebene Busse ersetzt. Die Eisenbahn setzt vermehrt Dieselloks ein. Die Nachfrage nach Benzin und Diesel ist kurzzeitig um über 30 Prozent gestiegen. Bei neuen Luftschlägen auf das Stromnetz drohen dem Land erneut leere Tankstellen. Das dürfte auch Auswirkungen auf die allgemeine Versorgungslage haben.
Foto: dpa/Hani Al-Ansi
Montag, 05.12.2022
Ist eine neue Flüchtlingswelle zu erwarten?
Im Hinterland haben sich die Bewohner bereits auf Raketenangriffe und Stromausfälle eingestellt. An der Front ist vorerst nicht mit russischen Durchbrüchen zu rechnen, die eine neue Fluchtwelle auslösen könnten. Sollte es zu neuen Angriffen kommen, die zu Blackouts und Heizungsausfällen führen, könnten viele Ukrainer in die EU fliehen - vor allem, wenn es bei dem Frostwetter bleibt. Kiew hat aber landesweit mit der Einrichtung von Aufwärmpunkten in Schulen, Kindergärten und großen Zelten begonnen.
Foto: dpa/Carsten Koall
Montag, 05.12.2022
Wie kann die Ukraine die Front im Winter versorgen?
Verletzungen und Ausfall der Technik werden aufgrund der Wetterbedingungen zunehmen. Auch die Versorgung ist schwerer: Die Soldaten brauchen mehr Verpflegung, mehr Brennstoff, wärmere Kleidung als im Sommer. Aufrufe zur Lieferung von Winterkleidung und Brennstoff gab es. Ob die Vorbereitung ausreichend war, ist unklar. Tiefgefrorenes Gelände bietet immerhin die Möglichkeit, auch abseits der Straßen die Truppen zu versorgen. Große Transporte über die Eisenbahn sind durch die russischen Raketenschläge eingeschränkt.
Foto: BELGA/dpa/Pool Philip Reynaers
Montag, 05.12.2022
Welche Auswirkungen wird der Winter auf die Kriegsführung haben?
Im Winter wird die derzeitige operative Pause durch den Herbstschlamm vermutlich beendet. Für die Ukraine, die auf schnelle Vorstöße setzt, ergeben sich wieder bessere Voraussetzungen, ihre Taktik umzusetzen. Während die Russen immer noch überlegene Feuerkraft haben, sind die Ukrainer in der Manövrierfähigkeit überlegen. Wichtig wird allerdings sein, welche Seite ihre Soldaten und Technik besser für den Winter ausgerüstet hat. Die meisten Beobachter sehen die Ukraine hier vorn.
Foto: AP/dpa/Roman Chop
Montag, 05.12.2022
Kann Russland aus dem Dauerbeschuss Nutzen schlagen?
Ein zynisches Kalkül der Luftschläge besteht darin, die ukrainische Bevölkerung gegen die Regierung aufzubringen, was sich auch auf die Kampfmoral der kämpfenden Soldaten auswirken soll. Der Dauerbeschuss zielt zudem darauf ab, die Ressourcen der ukrainischen Luftabwehr zu schwächen, die sich auf viele Punkte konzentrieren muss. Daneben schaffen die Blackouts auch bei der Versorgung der Armee und der Truppenverlegung Schwierigkeiten. Allerdings werden während des Krieges die wenigen vorhandenen Stromkapazitäten für kriegswichtige Einrichtungen reserviert. Der Nutzen eines solchen Bombardements ist also aus rein militärischer Sicht begrenzt.
Foto: kyodo/dpa