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Kommentar zum US-Wahlkampf

Clinton im Fadenkreuz - Rhetorik wird immer radikaler

Die Hauptfigur des Republikaner-Parteitags in Cleveland – so kurios es klingen mag – ist nicht vor Ort: Hillary Clinton. Nicht der Name Trump wurde beispielsweise an den vergangenen beiden Tagen am häufigsten in Reden genannt. 

Friedemann Diederichs

Der schillernde Immobilienmogul Donald Trump ist Kandidat der Republikaner. Foto: dpa

Stattdessen stand die demokratische Präsidentschaftskandidatin, die kommende Woche in Philadelphia offiziell nominiert werden soll, im Mittelpunkt. 79-mal fiel ihr Name allein am Dienstag. Die Rhetorik wird dabei immer radi­kaler. So ist der Slogan „Lock her up“ („Sperrt sie ein“) zum Schlachtruf der Delegierten geworden. Schilder mit dem Satz „Hillary for prison“ („Hillary ins Gefängnis“) ge­hören zum Alltag vor und in der Halle.

Der Trump-Freund Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, gestaltete seinen Auftritt sogar zu einem Schau-Prozess gegen Clinton um und warf ihr für politische Entscheidungen als Außenministerin – inklusive der Annäherungsversuche zu Russland oder Kuba – kriminelles Verhalten vor. „Schuldig!“ kreischten die Delegierten nach jedem vorgetragenen „Anklagepunkt“.

Es ist ein bisher in der Geschichte der Parteitage beispielloser Umgang mit einem politischen Opponenten. Der Secret Service wurde am Mittwoch aktiv und ermittelt nun gegen den Trump-Delegierten Al Baldasaro aus dem Bundesstaat New Hampshire, nachdem dieser in einer TV-Show Clinton als „Drecksstück“ bezeichnet hatte, das man „wegen Landesverrats erschießen sollte“.

Baldasaro bezog seine Kritik vor allem auf die „E-Mail-Affäre“ Clintons, die auch vertrauliche oder geheime Korrespondenz über einen privaten Server in ihrem Keller laufen ließ. Mehrere Geheimdienste, darunter auch die „Schlapphüte“ von Russland und China, sollen Berichten zufolge den Server gehackt haben.

Das ist Wasser auf die Mühlen der zahlreichen Clinton-Hasser unter Amerikas Konservativen – eine Abneigung, die sich nicht nur in Cleveland auf dem Parteitag manifestiert. Der Republikaner Michael Folk, Abgeordneter im Bundesstaat West Virginia und Pilot für „United Airlines“, appellierte jetzt über Twitter sogar für die öffentliche Exekution der früheren First Lady.

Sicherheitsexperten fürchten, dass die wachsende Aggressivität in den Aussagen gegenüber Clinton in den kommenden Monaten zu einem Attentatsversuch führen kann – nicht auf dem bestens abgeschirmten Demokraten-Parteitag, aber bei einer der zahllosen bevorstehen­den Wahlkampfauftritte Clintons. Denn eine der Lieblingsparolen der Republikaner lautet auch: Hillary Clinton will euch eure Waffen wegnehmen.

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