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Kommentar

9-Euro-Ticket: Tarifdschungel gerodet

30 Millionen 9-Euro-Tickets sind im Einsatz. Das Projekt ist ein großer Erfolg. Es sollte eine Fortsetzung geben, schon, weil so endlich der Tarifdschungel im ÖPNV gerodet wird, meint unser Kommentator.

Von Martin Ellerich

Ein Fahrgast kauft am Berliner Hauptbahnhof das 9-Euro-Ticket für den Monat Juli. Foto: Foto: Christoph Soeder/dpa

Gedränge vor der Regionalbahn nach Westerland, neue Gesichter im Pendlerzug. Keine Frage: Das 9-Euro-Ticket ist ein großer Erfolg. Manch einer, der sonst bitter über die Bahn witzelt und an den Bus gar nicht erst denkt, hat dem ÖPNV eine neue Chance gegeben. Das ist prima.

Ernüchternd ist, dass die neuen Kunden auch das erlebten, was sie bislang vom Bahnfahren abgehalten hat: übervolle Züge, verdreckte Bahnhöfe, Verspätungen ... Ein Grund für Letzteres: Mitten in der 9-Euro-Zeit hat die Bahn massiv gebaut. Sie muss massiv bauen, weil ihre über Jahre vernachlässigte Infrastruktur buchstäblich zerbröselt. Den Menschen auf dem Lande wurde zugleich noch einmal vor Augen geführt, wie verlassen sie wären, wenn sie sich auf den ÖPNV verließen. Jede Menge neue Linien, Gleise, Züge, Busse sind nötig, wenn die Verkehrswende gelingen soll.

Trotzdem bleibt das 9-Euro-Ticket ein Erfolg. Nicht wegen des konkurrenzlos günstigen Preises. Sein größtes Verdienst ist, eine breite Schneise in den Tarifdschungel geschlagen zu haben. Einsteigen und losfahren ohne lange Recherche nach dem richtigen Ticket, ohne Ärger am Automaten und ohne die bange Frage: „Habe ich den Entwerter übersehen?“ Bahnfahren ohne Tarifgrenzen kann so angenehm sein. Wir sollten uns diese Freiheit erhalten – das bundesweite Monatsticket darf dann auch mehr kosten als neun Euro.

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