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Gäste erinnern sich an ihre Besuche

Café Grotemeyer schließt nach 169 Jahren

Münster

Mit dem Ende von Café Grotemeyer schließt erneut ein sehr traditionelles Kaffeehaus in der münsterischen Innenstadt. Gegründet wurde der Familienbetrieb, der jetzt in fünfter Generation von Dr. Gabriele Kahlert-Dunkel geführt wird, im Jahr 1850 an der Aegidiistraße.

Gabriele Hillmoth

Das Café Grotemeyer mit seiner Tortenvielfalt gehört der Vergangenheit an. Vielen wird noch das alte Café in Erinnerung bleiben.   Foto: Matthias Ahlke

Hochbetrieb herrscht bis zum letzten Tag im Café Grotemeyer an der Salzstraße. Heute schließt der Familienbetrieb. Damit endet ein weiteres Kaffeehaus-Kapitel in der Innenstadt.

„Ich freue mich über die vielen persönlichen Wünsche“, sagt Inhaberin Dr. Gabriele Kahlert-Dunkel. „Können Sie diesen Schritt nicht rückgängig machen?“ Gäste möchten nicht glauben, dass jetzt bei Grotemeyer das Licht ausgeht.

Stammkunden zeigen sich betroffen

Die letzten Tage sind hektisch. „Ich fühle mich so“, sagt Kahlert-Dunkel, „als wenn ich ein bisschen unter Drogen stehen würde.“ Es herrscht ein Trubel wie sonst vor Weihnachten. Ein Gast zeigt ihr ein Foto. Im Café an der Salzstraße haben sich seine Frau und er kennengelernt, haben heute erwachsene Kinder.

„Wenn es Sie nicht geben würde, dann würde es mich auch nicht geben“, meint eine Stammkundin. Ihre Eltern hatten sich zufällig im Café Grotemeyer getroffen – und es hatte gefunkt. So manche Ehe wurde bei Grotemeyer gestiftet. Ein Gast, der sich als Professor K. bezeichnet, schreibt in einem Brief: „Das alte Grotemeyer war eine Bühne, ein Theater, eine Institution. An den riesigen Schaufenstern drückten sich Kinder die Nasen platt, um Osterhasen und Nikoläuse zu bestaunen.“

Mit Erinnerungen verbunden

Für Gabriele Kahlert-Dunkel ist das Café mit vielen Erinnerungen verbunden. „Hier bin ich aufgewachsen.“ Der Raum, in dem jetzt das Café in der ersten Etage betrieben wurde, war damals noch das Wohnzimmer ihrer Familie.

Mit ihrer Großmutter habe sie früher viele Städtetouren unternommen. Zielstrebig habe diese immer das erste Café am Platze angesteuert. „An die Städte kann ich mich nicht mehr so erinnern, aber an die Cafés“, sagt Kahlert-Dunkel. Die 68-Jährige erinnert sich an eine Mitarbeiterin in der Spülküche, die sich noch lange nach der Anschaffung einer Spülmaschine geweigert habe, diese zu benutzen, und immer weiter mit der Hand gespült habe. Oder an den Gast, der seinen runden Tisch mit Tischdecke auch nach der Renovierung 1986 unbedingt behalten wollte: „Egal, was es kostet.“

Gäste müssen neue Heimat suchen

Luise Voss kennt viele Stammkunden persönlich. Seit 1950 ist sie im Café tätig. Für Renate Rathert wiegt sie Sahnetrüffel ab, die sie – wie immer vor Ostern – für den Sohn nach Hamburg mitnimmt. Dr. Barbara Rommé vom Stadtmuseum gehört zu den Stammgästen. Zwischen dem Museum und dem Café besteht eine besondere Verbindung. Allein schon durch Bilder von Fritz Grotemeyer, eines von elf Kindern des Gründers. Fritz Grotemeyers Werke hängen im Museum.

Auch Brigitta Hagemann kennt Grotemeyer seit fast 50 Jahren. Wenn sich früher eine Hälfte ihrer Schulklasse am Lambertibrunnen traf, ging die andere ins Café, um bei selbst gedrehten Zigaretten eine Schokolade zu trinken. Das war die Zeit von Jeans und Parka. Annelie Kahlert, Mutter von Dr. Gabriele Kahlert-Dunkel, habe sie immer streng angesehen, erinnert sich die Obermeisterin der Tischler-Innung. Hagemann gehört einem Netzwerk an, das sich mit dem Ende von Café Grotemeyer, wie viele Gäste, eine neue Heimat suchen muss.

Bilder von Fritz Grotemeyer

Untrennbar verbunden mit dem Café sind die Bilder des Malers Fritz Grotemeyer (1864-1947), dem neunten von elf Kindern der Konditorei-Gründer Albert und Bertha. Fritz Grotemeyer besuchte die Kunstakademie. Einzelne Räume im alten Café Grotemeyer waren seinen Schaffensphasen gewidmet. Im Orientraum waren Werke zu sehen, die er als Kriegsberichterstatter in Palästina gemalt hat, weitere Bilder waren im „Alt-Münster-Raum“ und im Theaterraum zu sehen.

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