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10 000 bei Anti-Pegida-Demo

Das Münster-Phänomen

Die bundesweit größte Demonstration gegen die Bewegung Pegida und für Toleranz und eine multikulturelle Gesellschaft hat am Montagabend mit rund 10 000 Teilnehmern in Münster stattgefunden. Ausgerechnet hier, wo es bisher gar keine Pegida-Demonstrationen gibt. Politikwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Kersting von der Uni Münster erklärt das „Münster-Phänomen“.

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10.000 Menschen gingen in Münster gegen die Pegida-Bewegung auf die Straße. Foto: Oliver Werner

Was hat so viele Menschen an einem kalten Winterabend auf die Straße getrieben, wo sich in Münster bisher niemand zur Pegida-Bewegung offen bekennt? Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Kersting von der Universität Münster, der über Bürgerbewegungen und Teilhabe in der Demokratie forscht, ist beeindruckt: „Das war ein imposantes Zeichen für Bürgerbeteiligung und politische Meinungsäußerung.“ Für Kersting folgten die Münsteraner auch einem allgemeinen Trend in Deutschland und anderen europäischen Ländern: Während Parteien immer mehr „leeren Bahnhöfen“ ähnelten, verlagere sich die Teilhabe an Politik zunehmend auf Meinungsäußerung im Internet – und auf die Straße.

Bürgerlich-konservativ und links-alternativ

Das Münster-Phänomen der außergewöhnlich starken, aktiven Anti-Pegida-Bewegung erklärt Kersting aber vor allem damit, dass latenter Nationalismus und rassistisches Ressentiments hier keinen Nährboden finden. Münster sei zwar durch sein katholisches Milieu bürgerlich-konservativ geprägt – aber eben explizit nicht rechtskonservativ. Hinzu komme die Prägung als klassische Universitätsstadt mit einer links-alternativen Gegenkultur. Beide Milieus vereinen sich in der Anti-Pegida-Demonstration. Und die wiederum schuf für die mehrheitlich weltoffenen Münsteraner ein Gemeinschaftserlebnis und Selbstvergewisserung, stellt ein Stück Münster-Identität her.

Der aus dem Sauerland stammende Kersting, der an internationalen Universitäten lehrte, findet in Münster das Klima „einer weltoffenen und toleranten und nicht zuletzt durch die Hochschulen auch multikulturell geprägten Stadt“, in der Zuwanderer seit vielen Jahren erfolgreich integriert würden. Es gebe kaum Ghettobildung, eine Mittelschicht mit vielen Mi­granten und eine stark bildungsbürgerlich orientierte Bevölkerung – „kein Wasser, in dem eine Pegida-Bewegung schwimmen könnte.“

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