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Baustopp am Hafencenter: Investoren beziehen Stellung

„Die Stadt wollte, dass wir hier investieren“

Münster

Die Kräne am Hafencenter stehen still: Das heftig diskutierte Millionenprojekt des münsterischen Unternehmens Stroetmann tritt auf der Stelle. Fünf Wochen nach der juristischen Schlappe beziehen die Investoren erstmals Stellung.

Klaus Baumeister

Nach dem Baustopp am Hafencenter stellen sich Lutz Stroetmann (l.) und Max Stroetmann den Fragen unserer Zeitung. Foto: Andreas Lechtape

Am Hansaring liegt aktuell Münsters bekannteste Baustelle – und überdies eine, auf der nicht gearbeitet wird. Für das Hafencenter gilt aktuell ein Baustopp. Im Gespräch mit unserem Redakteur Klaus Baumeister äußern sich die beiden Investoren Max und Lutz Stroetmann über die juristische Pleite und zu der Frage, wie es weitergehen soll.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat am 1. Februar einen Baustopp für das Hafencenter verhängt. Seitdem sind fünf Wochen vergangen. Wie geht es Ihnen?

Lutz Stroetmann: Der 1. Februar war für uns im wahrsten Sinne des Wortes ein „Black Friday“. Der Beschluss des OVG hat uns durchgerüttelt – mit uns meinen wir nicht nur die Geschäftsleitung, sondern alle 1600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Familienunternehmens. Eine gewisse Fassungslosigkeit wollen wir nicht verhehlen.

Aber haben Sie sich das nicht selbst eingebrockt? Bereits im April 2018 hat das OVG den Bebauungsplan für das Hafencenter aufgehoben. Das Risiko eines Weiterbaus muss Ihnen doch bekannt gewesen sein?

Max Stroetmann: Seit 2016 gab es einen gültigen Bauvorbescheid der Stadt Münster. Bevor das OVG jetzt im Februar den Baustopp verhängt hat, hat das Verwaltungsgericht Münster glasklar und denkbar eindeutig in unserem Sinne entschieden: Ein Bauherr muss sich auf einen gültigen Bauvorbescheid verlassen können. Die Bauarbeiten fortzusetzen war also kein Vabanquespiel, sondern entsprach einer verbreiteten Rechtsauffassung.

Haben Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht den Sachverhalt unterschiedlich eingeschätzt?

Max Stroetmann: Eines kann man auf jeden Fall sagen: Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung mit einer Norm des Umweltrechts begründet, die hier erstmals angewendet wurde. Bauarbeiten bei laufenden Gerichtsverfahren sind immer ein Risiko. Damit Nachbarklagen das wirtschaftliche Geschehen in Deutschland nicht zu stark beeinträchtigen, hat der Gesetzgeber vor zehn Jahren entschieden, dass trotz Nachbarklage grundsätzlich weitergebaut werden darf, sofern nicht das Verwaltungsgericht einen Baustopp anordnet.

Bevor der Baustopp wieder aufgehoben werden kann, muss die Stadt Münster den Bebauungsplan „heilen“, wie es offiziell heißt. Stehen die Chancen dafür nicht denkbar schlecht?

Max Stroetmann: Zunächst einmal sind wir sehr froh, dass Oberbürgermeister Markus Lewe und die Stadtverwaltung diese „Heilung“ anstreben. Wir dürfen doch nicht vergessen, dass es für alle bisherigen Beschlüsse zum Hafencenter und zu dem von uns entwickelten Stadtbereichszentrum eine Mehrheit im Rat gab. Trotz einer seit 18 Jahren währenden Planung stellen wir uns auf erneute Warteschleifen, aktualisierte Gutachten und penible Einhaltung aller vorgeschriebenen Schritte ein. Doch der Optimismus überwiegt.

Aber die Verkehrsprobleme sind doch da. Und bevor die Ratsparteien ein weiteres Mal pro Hafencenter abstimmen, müssen die doch gelöst werden.

Lutz Stroetmann: Ich glaube, wir müssen auf ein in der Öffentlichkeit weit verbreitetes Missverständnis eingehen. Das OVG hat im April 2018 kein Verkehrsproblem festgestellt, sondern einen Verfahrensfehler. Kurz bevor der Rat im Dezember 2015 den Bebauungsplan beschlossen hat, wurde die private Theodor-Scheiwe-Straße für den Durchgangsverkehr geschlossen. Die Konsequenzen dieser Schließung auf den Hansaring sind nicht geprüft worden. Darin sieht das Gericht einen Fehler, deswegen wurde der Bebauungsplan aufgehoben.

Die wichtigsten Beschlüsse zum Hafencenter

Drei wichtige Urteile beziehungsweise Beschlüsse gab es bislang zum Hafencenter. Hier die Übersicht:

► 12. April 2018: Das Oberverwaltungsgericht Münster hebt den Bebauungsplan zum Hafenenter auf. Der Vorwurf: Der Rat der Stadt habe im Dezember 2015 den Bebauungsplan beschlossen, obwohl sich mit der Schließung der Theodor-Scheiwe-Straße kurz zuvor ein neuer Sachverhalt ergeben habe. Dieser hätte vor der Beschlussfassung geprüft werden müssen. Die Klagepartei fordert daraufhin die Stadt auf, einen Baustopp zu erlassen. Die Stadt lehnt ab.

► 30. August 2018: Das Verwaltungsgericht lehnt einen per Eilantrag geforderten Baustopp ab. Die Klageseite habe 2016 nicht gegen einen Bauvorbescheid zum Hafencenter geklagt. Das sei ein gravierender Formfehler, der die Klage gegenstandslos mache.

► 1. Februar 2019: Das Oberverwaltungsgericht hebt den Beschluss des Verwaltungsgerichtes auf, es kommt zum Baustopp.

Glauben Sie, dass das OVG den Sachverhalt heute anders bewerten würde?

Lutz Stroetmann: Wir sind heute mehr als drei Jahre weiter, und die Scheiwe-Straße ist immer noch gesperrt. Es gibt weitere Verkehrszählungen. Wir werden also schon bald wissen, ob die Schließung mehr Verkehr auf dem Hansaring erzeugt hat. Wenn das nicht der Fall ist, löst sich dieser entscheidende Punkt in Luft auf. Dann hätte der damalige Stadtdirektor Hartwig Schultheiß Recht behalten. Fachleute haben immer schon gesagt, dass der Scheiwe-Schleichweg östlich des Kanals keine gravierenden Auswirkungen auf den Hansaring hat. Perspektivisch wird der Verkehr auf dem Hansaring mit der Fertigstellung der neuen Umgehungsstraße ohnehin zurückgehen. Dann wäre ein entscheidendes Argument der bisherigen Hafengegner entkräftet.

Stichwort Gegner: Ihnen wird immer wieder vorgehalten, dass gar kein Bedarf an neuen Geschäften im Hansaviertel bestehe. Was sagen Sie dazu?

Lutz Stroetmann: Das ist eine nicht belegte Behauptung. Seit 2004 sehen der Masterplan Hafen und das städtische Einzelhandelskonzept genau an der Stelle Einzelhandel vor, an der wir das Hafencenter bauen möchten. Die Stadt hat uns geradezu aufgefordert, hier zu investieren und dabei groß zu denken. Aus den anfangs 8000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche, die ein Gutachten 2007 als verträglich bezeichnet hat, sind dann fünf Jahre später 4900 Quadratmeter geworden. Das Projekt ist also im Laufe der Jahre bei den Einzelhandelsflächen auf 60 Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft. Es wird auch kein Wohnraum vernichtet, wie mitunter zu hören ist. Im Gegenteil: Es entstehen 33 Wohnungen mit circa 3000 Quadratmeter Wohnfläche.

Was sagen Sie zu einem anderen Kritikpunkt, nämlich dem, dass Sie für das Hafencenter öffentliches Geld in Anspruch nehmen, konkret sieben Millionen Euro für das Quartiersparkhaus?

Max Stroetmann: Das ist Unsinn. Die Vorwürfe werden auch durch stete Wiederholung nicht wahrer. Als der Kreativkai entwickelt wurde, war der Parkdruck schnell absehbar. Ein Parkhaus wurde geplant, das Dockland-Parkhaus. Die Bauherren am Kreativkai haben Ablösebeträge für eben diese Parkflächen an die Stadt gezahlt. Leider gibt es diese dringend erforderlichen Stellplätze bis heute nicht. Das Resultat kann man sich in den Straßen des Quartiers jeden Tag anschauen. Es war die Stadt Münster, die uns nahegelegt hat, bei der Planung des Hafencenters auch das Parkhausproblem zu lösen. Die Wahrheit zu den sieben Millionen Euro ist also: Die Stadt würde jetzt endlich Gelder ausgeben, die sie vor 20 Jahren für genau diesen Zweck kassiert hat. Leider muss das Quartiersparkhaus bekanntlich weiter warten.

Immer wieder wird darüber spekuliert, dass Sie nach dem Baustopp Schadensersatzforderungen gegen die Stadt Münster stellen werden . . .

Lutz Stroetmann: Wir denken derzeit darüber nicht nach. Wir konzentrieren uns darauf, das Projekt mit unseren Partnern in Politik und Verwaltung auf den Weg zu bringen.

Seit Jahren steht das Hafencenter in der Kritik. Wird man da nicht irgendwann mürbe?

Max Stroetmann: Es gab und gibt viele Diskussionen, was hier im Viertel planerisch richtig ist – mit dem Sachverstand von Experten, Gutachtern und mit intensiver Bürgerbeteiligung. Dem stellen wir uns gerne. Aber alles hat seine Grenzen. Mitunter wundert man sich, mit welcher Selbstverständlichkeit einzelne Menschen in dieser Stadt den Anspruch postulieren, anderer Leute Eigentum zu verplanen. Seit Planungsbeginn wurde das Hafencenter bereits mehrere Dutzend Male angepasst. Wir haben knapp 20 Jahre hinter uns und auch noch zwei bis drei Jahre vor uns. Die Stadt Münster muss aufpassen, dass sie nicht eine Stadt des Stillstands wird.

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