Münsteraner konzipierten das Spiel "konifez"
Einfach mal sacken lassen...
Anziehungspunkt am Aasee: Umringt von einer Schülergruppe aus Hamm, die an diesem Morgen eine Klassenfahrt nach Münster unternommen hat, liegt auf einer Wiese eine leicht erhobene Holzplattform mit einem Loch im oberen Drittel. Wenige Meter entfernt stehen einige der Jugendlichen und zielen mit blauen und grünen Wurfsäckchen auf das hölzerne Spielgerät. Die anderen Schüler feuern an.
Zufrieden beobachten Marvin Wanders und Florian Wintterlin die Szenerie. Die Freude der Jugendlichen ist für die beiden Münsteraner eine Bestätigung, dass ihr Spiel „konifez“ altersübergreifend gut ankommt. Und dass aus ihrer Idee etwas werden könnte.
Zur Vorgeschichte: Es war ein schöner Sommerabend am münsterischen Hafen im Jahr 2015, der bei Wanders und Wintterlin den Unternehmergeist weckte. Ein gemeinsamer Freund hatte sie mit dem Vorbild „Cornhole“ bekannt gemacht - ein in den USA schon länger populäres Spiel.
Hierbei gilt es, durch Werfen der mit Mais gefüllten Stoffsäckchen nach einem einfachen Prinzip Punkte zu sammeln: Drei für den Treffer ins Loch, ein Punkt pro Säckchen, das auf dem Brett liegen bleibt.
Das Spiel löste an diesem Abend eine unerwartete Gruppendynamik aus. Wintterlin erinnert sich: „Erst haben wir nur in kleiner Runde mit Freunden gespielt. Aber dann kamen immer mehr Leute vorbei, die fragten, was das für ein Spiel sei, und die gerne mitspielen wollten. Am Ende waren wir rund 30 Leute – und jedem hat es riesig Spaß gemacht.“
Für Wintterlin und Wanders stand fest: Das Spiel hat Potenzial. Was sich der Freund der beiden mit Materialkosten von über 150 Euro selbst gebaut hatte, war jedoch kein Leichtgewicht und entsprechend schwer zu transportieren.
„Wir wollten ein Spielbrett, das man locker mit einer Hand tragen kann“, so Wanders. Das Ergebnis einer halbjährigen Entwicklungsphase: ein stabiles Brett mit einem Gewicht von fünf Kilogramm – damit nur gut halb so schwer wie die US-Variante.
Wichtig war den beiden Wahl-Münsteranern der regionale Bezug ihres Produkts. Wanders erzählt: „Wir haben im Netz recherchiert und uns bei Freunden umgehört: Wer kann uns in Münster und Umgebung bei der Produktion helfen? Wir hatten das Ziel, dass jeder Bestandteil aus der Region kommt und wir so wissen, dass wir ein ordentliches und fair produziertes Produkt anbieten.“
Die konifez-Wurfsäckchen werden in der Westfalenfleiß-Werkstatt in Münster und mit Futtermaisresten aus dem Münsterland befüllt. Die Bretter fertigt eine Tischlerei bei Dortmund mit Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, das Logo für „konifez“ designte ein befreundeter Student der FH Münster.
Und woher der Name? „Das ist eine Huldigung an die alte münsterische Geheimsprache Masematte: „koni“ steht für Säckchen und „fez“ für Spaß“, erklärt Wintterlin den Ursprung der Wortneuschöpfung und des Produktnamens. Der Slogan „lass sacken“ passt (umgangs)sprachlich bestens als Erläuterung und Aufforderung und beschreibt den ästhetischen Moment, wenn ein Wurfsäckchen über das Brett gleitet, um dann ins Loch abzusacken.
„Wir sind jedes Mal überrascht, wie ein so simples Spiel so viel Begeisterung auslösen kann: Spätestens nach dem ersten Treffer sind 95 Prozent der Leute angefixt– egal, ob alt oder jung, Mann oder Frau, sportlich oder unsportlich. Und immer mehr Firmen und Schulen bestellen konifez als Indoor-Spiel für ihr Mitarbeiter oder Schüler. Oder Familien für ihre Kids. Die hatten wir alle erst gar nicht als Zielgruppe auf dem Schirm“, schildert Wanders die ersten Erfahrungen mit den Kunden.
Unternehmerische Lernprozesse
Als „unternehmerischen Testballon“ umschreibt Wintterlin die Lernprozesse, die sie mit „konifez“ gemacht haben: von der Idee über deren Entwicklung bis hin zum fertigen Produkt, das am Markt platziert und vertrieben werden will. Die beiden ehemaligen Studenten der Kommunikationswissenschaften stellen fest, dass grundsätzlich zwischen (Uni-)Theorie und Praxis eine Lücke klafft: „Denn die vielen bürokratischen Kleinigkeiten einer Gründung lernst du nicht an der Uni“, sagt Wanders. „Beispielsweise, wie man einen Markennamen beim Patentamt anmeldet.“
Auch erfahrene Experten eines Mentorennetzwerkes der IHK in Münster zogen die Münsteraner vorher zu Rate. „Die Idee wurde für gut befunden – aber reich würden wir damit nicht werden“, erzählt Wintterlin. Wollen beide hiermit auch nicht unbedingt, sagen sie.
Für die beiden Münsteraner stehe im Vordergrund, mit dem Spiel, nach dem sie selbst mittlerweile „süchtig“ sind, mehr praktische Erfahrungen in den Bereichen Produktentwicklung und Marketing zu sammeln.
Holz statt Handy
Es überrascht, dass in Zeiten von Playstation, Xbox und Pokemon Go mit einfachen Mitteln ein derart einfaches Spiel Spieler jeden Alters und Geschlechts zum Mitmachen animiert und begeistert. Die Macher von „konifez“ setzen auf die Retrokarte: Holz statt Handy. Wie auch Kubb – dem sogenannten Wikingerschach – bringt das Zielwerfen die Mitspieler dazu, wieder mehr zusammen zu spielen statt Zeit vor Displays zu verbringen.
Für die Zeit nach dem Weihnachtsgeschäft haben sich die beiden Freunde nur eines vorgenommen: Bei einer Runde „konifez“ die Erfahrungen der ersten Monate sacken zu lassen – und ihren unternehmerischen Testballon in 2017 weiter fliegen zu lassen.
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