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Interview mit Pohlmann

Einfach sehr natürlich

Hamburg/Münster

Am Freitag erscheint das neue Album von Pohlmann. „Weggefährten“ heißt das mittlerweile fünfte Werk des Wahlhamburgers, der auch viele Jahre in Münster gelebt hat. Unser Redakteur Carsten Vogel hat mit dem Singer/Songwriter Ingo Pohlmann über seine neuen Songs gesprochen.

Carsten Vogel

Pohlmann veröffentlichte 2006 sein erstes Album, hat 2007 beim Bundesvision Song Contest den fünften Platz belegt und geht jetzt auf Tour. Foto: Benedikt Schnermann

Was ist der Unterschied zwischen einem Weggefährten und einem Freund?

Pohlmann: Das ist schwer zu definieren. Der Weggefährte ist vielleicht jemand, der verschiedene Stationen in deinem Leben miterlebt hat, nicht unbedingt alle. Aber so speziell ist der Albumtitel gar nicht gemeint.

Ist man mit fast 45 Jahren gelassener als früher?

Pohlmann: Nein, überhaupt nicht (lacht laut). Die Art, wie ich mittlerweile an einem Album mitarbeiten muss, setzt mich unter Stress. Zudem habe ich eine dreijährige Tochter.

Trotzdem singst Du auf dem neuen Album einen Song der “Gelassenheit” heißt.

Pohlmann: Schon, aber das ist eine andere Art der Gelassenheit. Im Sinne von: Lasst euch gerade in dieser Zeit, in der Leute Ängste schüren wollen, nicht verrückt machen. Ein Song darüber, dass nicht das Bad-over-Good-Prinzip obsiegt und damit so schnell “rechts” wird.

Wie viel Autobiografisches muss denn der Song eines Singer/Songwriters haben, um authentisch zu sein?

Pohlmann: Das hängt vom Künstler ab. Jeder muss sich mit der Wahrheit in seinen Liedern zurechtfinden. Ich schreibe meine Songs selbst, setze mich mit dem Auseinander, was ich sagen will. Es ist für mich eine Herausforderung, einerseits etwas zu erzählen, was ich weiß, aber andererseits auch nur eine Ahnung von etwas zu haben, um daraus die richtigen Fragen abzuleiten und zu stellen.

Hattest Du wirklich einen goldfarbenen Granada?

Pohlmann: Ich hatte zwischen 1995 und 2000 einen grasgrünen 1973er oder 1976er – weiß ich gerade nicht genau – Ford Granada. Den habe ich „grünen Drachen“ genannt. Kombi natürlich, ganz wichtig (lacht). Mit dem bin ich von Rheda nach Münster und dann nach Hamburg gefahren. Erster Hand von meiner Tante, für 300 DM aus der Garage gefahren.

Und Deine Mutter hat wirklich immer den berühmten Satz “Glücklich ist, wer vergisst…” aus der Fledermaus von Johann Strauß zitiert?

Pohlmann: Da fällt mir ein Traum ein, in dem ich zu meiner eigenen Hinrichtung fahren sollte. Mit dem Fahrrad. Spätestens an der Stelle hätte mir ein Licht aufgehen sollen, dass es ein Traum ist (lacht). Meiner Mutter habe ich gesagt, dass ich das nicht machen möchte. Da hat sie geantwortet: Fahr doch erstmal hin (lacht laut). - So ist meine Mutter drauf (lacht). Sie ist ein großer Operetten-Fan. Von ihr habe ich auch das Musikalische.

Und wie fühlt sich eine halbvolle Shampoo-Flasche an?

Pohlmann: Kennst du das? Du greifst im Bad nach der Shampoo-Flasche, und sie fällt dir hin? Eine volle Flasche hat eine bessere Statik (lacht). Aber wenn ich betrunken war, war ich wie eine halbvolle Shampoo-Flasche und bin immer hingefallen (lacht laut). In Münster war man da noch sicherer als in Hamburg.

Deine musikalische Bandbreite ist gewachsen, oder? Soul, Folk, Pop…

Pohlmann: Das ist auch dem Produzenten zu verdanken. Ich habe die Songs auf der akustischen Gitarre geschrieben. Alles andere haben wir dann drumherum gebaut und gemeinsam entschieden, ob es gut ist oder nicht. Musikalisch geht es tatsächlich in Richtung Blues, Soul, Folk und Pop.

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Offizielle Webseite von Pohlmann

Das Album ist sehr homogen.

Pohlmann: Ja, es hat einen roten Faden. Ich finde, es ist meine rundeste Platte. Die vorherigen sind nicht richtig Fisch noch Fleisch, können sich nicht richtig entscheiden, was sie wollen.

Was hast Du für Musik während der Aufnahmen gehört?

Pohlmann: Ich bin in meinem Leben viel beeinflusst worden von Tracy Chapman, Cat Stevens und Ben Harper. Aber speziell bei diesem Album habe ich die aktuelle Platte von The War On Drugs gehört: “Lost in the Dream”. Vor allem den ersten Song “Under the Pressure”.

Wo wurde das Albumcover aufgenommen?

Pohlmann: In Andalusien, tatsächlich in Granada. Hat aber nichts mit dem Song zu tun. Das sind zwei Kreise, die sich zufällig überschneiden (lacht). Wir wussten, dass das Album im Frühjahr veröffentlicht wird und wollten nicht mit einer Schneelandschaft aufwarten. Aber wir wollten raus in die Natur, weil das Album auch viele naturbezogene Metaphern beinhaltet. Das ist der Pool eines Baumhaus-Hotels. Im Winter ist das ein Forellenteich. Im Frühling kommt dann Chlorwasser rein und die Hotelgäste (lacht).

Welche Rolle spielt Münster in 45 Jahren Pohlmann?

Pohlmann: Eine große. In der Zeit, in der ich als Musiker gewachsen bin bzw. mich als solcher identifiziert habe, war ich in Münster. Zunächst mit Metal/Grunge-Bands. Ich habe ausgesehen wie ein Tannenbaum, mit ganz viel Schmuck (lacht). Den Silberschmuck habe ich heute noch irgendwo im Keller.

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