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Gas- und Strompreise

Der Energiepreis-Schock: Stadtwerke-Chef antwortet auf Leserfragen

Münster

Der Schock über drastisch gestiegene Energiepreise sitzt bei vielen Kunden tief. Vom allgemeinen Trend auf den Energiemärkten können sich auch die Stadtwerke Münster nicht abkoppeln. Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk stellt sich den Fragen unserer Leserinnen und Leser. 

Von Dirk Anger

Sebastian Jurczyk verantwortet als Geschäftsführer der Stadtwerke Münster das Energiegeschäft. Foto: Oliver Werner/dpa

Die Preise für Gas und Strom sind zuletzt nahezu explodiert. Und die Eskalation der Lage in der Ukraine wird sich uweigerlich weiter auf die ohnehin schon stark gestiegenen Energiepreise auswirken. Das bekommen auch die Kundinnen und Kunden der Stadtwerke Münster zu spüren.

Sebastian Jurczyk verantwortet als Geschäftsführer der Stadtwerke Münster das Energiegeschäft. Nun stellt er sich den Fragen unserer Leserinnen und Leser. Die Fragen und Antworten im Überblick:

Michael Kaltmeier fragt: Was passiert mit Kunden, die aufgrund dieser enormen Preissteigerungen nicht mehr in der Lage sind, ihre Rechnungen in voller Höhe zu begleichen? Werden Ihnen die Versorgungshähne dann einfach mal abgedreht?

Sebastian Jurczyk antwortet: Die aktuellen Strom- und Gaspreise entwickeln sich europaweit für viele Kundinnen und Kunden zu einer erheblichen finanziellen Belastung. Das ist uns bewusst. Daher werden wir die Preise in diesem Jahr regelmäßig prüfen, um eventuellen Spielraum für Preissenkungen zeitnah weiterzugeben. Eine Sperrung der Energieversorgung ist für uns immer das allerletzte Mittel. Vorher suchen wir mit den Betroffenen immer nach Lösungen für die Situation. Wir haben ein engagiertes und erfahrenes Team, das mit Kunden, die in Zahlungsverzug geraten, individuelle Lösungen sucht.

Gabriele Bettin fragt: Bekomme eine kleine Rente, und das Geld reicht gerade noch bis Ende des Monats. Wie soll ich bitte die Erhöhung bezahlen?

Das sagt der Stadtwerke-Chef: So wie Ihnen geht es leider vielen. Insbesondere Haushalte mit kleinem Budget trifft die Energiepreiskrise. Für Entlastungen ist die Politik gefragt, etwa über die Abschaffung der EEG-Umlage oder eine reduzierte Steuer. Durch die inflationäre Preisentwicklung generiert der Bund höhere Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Aber wir wollen Sie nicht alleinlassen und mit Ihnen gemeinsam eine Lösung finden, die zu Ihren Möglichkeiten passt. Dafür haben wir ein Experten-Team im Haus, das sich mit Zahlungsschwierigkeiten auskennt und Lösungswege mit Ihnen ausloten kann. Je früher Sie aktiv werden und uns ansprechen, desto besser.

Klaus Küper fragt: Gerne würde ich die Frage stellen, warum treue Bestandskunden (seit 1965) jetzt so von den Stadtwerken behandelt werden und ob mein Fazit, zukünftig die Anbieter regelmäßig zu wechseln, die richtige Schlussfolgerung ist?

Sebastian Jurczyk meint: Gerade in dieser Extremsituation zeigt sich, wo die Vorteile eines verlässlichen kommunalen Anbieters liegen: Wir setzen auf langfristige Versorgungssicherheit bei fair kalkulierten Preisen und wirtschaften verantwortungsvoll für unsere Kommunen. Wir springen kurzfristig ein, wenn andere Anbieter ihre Kunden hängen lassen, und wir stehen vor Ort persönlich Rede und Antwort. Sie finden uns nicht ganz oben in den Vergleichsportalen, aber immer ganz in Ihrer Nähe. Von den extremen Preisentwicklungen am Energiemarkt können wir uns leider nicht abkoppeln und müssen wie viele andere Versorger die Preise erhöhen. Die aktuelle Schieflage am Verbrauchermarkt haben nicht die kommunalen Versorger verursacht, sondern die unseriösen Anbieter mit kurzfristigen Strategien und fragwürdigen Geschäftsmodellen. Wir übernehmen Verantwortung und bieten weiter Festpreise an, die den Vergleich nicht scheuen müssen. Bitte bedenken Sie auch dies.

Ein Drehstromzähler, aufgenommen in einem Haushalt. Foto: dpa

Tim Bücker fragt: Es wurde berichtet, dass Sie den geschätzten Verbrauch der Bestandskunden an der „Energiebörse über einen Zeitraum von drei Jahren im Voraus“ einkaufen: Es erschließt sich mir nicht, warum der Verbrauch von langjährigen Bestandskunden mit Laufzeitverträgen nicht genauso abgeschätzt werden kann wie bei der Grundversorgung?

Das erwidert der Stadtwerke-Chef: So wie einige Haushalte ein Mal die Woche Großeinkauf machen und andere mehrmals die Woche in den Supermarkt gehen, kaufen wir für die unterschiedlichen Stromtarife unterschiedlich ein. Bei den Festpreisverträgen kaufen wir wie beim Großeinkauf einmalig die benötigte Menge ein und können so die Beschaffungskosten zu diesem Zeitpunkt mit der Preisgarantie einfrieren. Für die Grundversorgung kaufen wir über den Zeitraum von drei Jahren immer wieder kleinere Tranchen und strecken so das Preisrisiko über einen längeren Zeitraum. In der Vergangenheit waren die Festpreisverträge dadurch preislich immer im Vorteil gegenüber der teureren Grundversorgung. Durch die Verwerfungen auf dem Energiemarkt hat sich die Situation gedreht, die langfristige Strategie bewährt sich. Deswegen werden wir die Beschaffungsstrategie für die Festpreisverträge justieren. Jedoch: Je länger die Hochpreisphase andauert und je höher die Preise klettern, desto stärker wird sich das auch in den Preisen der Grundversorgung niederschlagen.

Heiner Steinbach fragt: Warum werden langjährige Stammkunden der Stadtwerke Münster entweder genötigt, das Angebot der Preisgarantie anzunehmen, oder wie Neukunden behandelt und ihnen nur der Grundversorgungstarif 2 alternativ angeboten?

Sebastian Jurczyk erklärt: Die zweite Grundversorgung haben wir zum Schutz des alten Tarifs vor immensen Preissteigerungen eingeführt. Durch Kündigungen und Insolvenzen von Billiganbietern und Vertragswechsler geriet die alte Grundversorgung massiv unter Druck. Die für die Kunden in der Grundversorgung langfristig beschaffte Energie ist schlicht ausverkauft und muss für jeden neuen Vertrag teuer nachbeschafft werden. Um diese Kosten nicht zu Lasten der Kunden mit bestehenden Grundversorgungsverträgen zu sozialisieren, haben wir für diese neue Vertragsabschlüsse geschlossen. Zwischen Stamm- und Neukunden zu unterscheiden, war rechtlich nicht möglich, entscheidend war der Zeitpunkt des bestehenden Vertrags. Schlussendlich sind Sie Leidtragender der unseriösen Anbieter. Sobald wie möglich beenden wir diese Ausnahmesituation und führen die Tarife wieder zusammen.

Hans Nientied fragt: Verbraucher mit Festpreisverträgen, und ich bin das schon sehr lange, sind meiner Meinung nach auch Treuekunden. Kann dies nicht bei den Preiserhöhungen, die wohl sein müssen, entsprechend berücksichtigt werden?

Sebastian Jurczyk sagt: Ich stimme Ihnen zu: Selbstverständlich sind Verbraucher mit Festpreisverträgen Treuekunden. An den weltweit hohen Energiepreisen können wir jedoch leider nichts drehen. Der Laufzeitvertrag ist daher zwar teurer als in der Vergangenheit, aber angesichts der aktuellen Situation punktet er immer noch mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Vergleichen Sie gern unsere Gas- und Stromangebote mit denen in den einschlägigen Vergleichsportalen. Zudem schützt die Preisgarantie vor eventuellen weiteren Preissteigerungen am Markt, die angesichts der unsicheren geopolitischen Lage nicht auszuschließen sind. Von Entlastungen profitieren Sie hingegen, denn auch in unseren Festpreisverträgen werden wir mögliche Spielräume für Preissenkungen weitergeben.

Monika Glusa fragt: Was genau verstehen Sie unter einem Bestandskunden? Ist man nach 30 Jahren lückenloser Kundschaft kein Bestandskunde, weil man Verträgen über ein oder zwei Jahre zugestimmt hat?

Der Stadtwerke-Geschäftsführer sagt: Selbstverständlich sehen wir Sie als eine treue Bestandskundin der Stadtwerke Münster. Für Ihre Treue sind wir dankbar. Für die Bestandskunden in der Grundversorgung wurde die Energie langfristig und risikoarm beschafft. Für jeden Kunden, der aktuell eine Belieferung in der Grundversorgung wünscht, muss die Energie teuer nachgekauft werden – unabhängig davon, ob er vorher in einem anderen Tarif der Stadtwerke beliefert wurde oder von einem anderen Anbieter. Rechtlich haben wir keine andere Möglichkeit. Dass dies Ihnen und weiteren langjährige Stadtwerkekunden den Zugang zur alten Grundversorgung versperrt, ärgert auch mich persönlich. Weder Sie noch die Stadtwerke haben diese Situation verursacht, müssen aber mit den Konsequenzen umgehen.

Die Preise für Strom und Gas sind zuletzt rasant gestiegen. Foto: dpa-Zentralbild

Horst Nellessen fragt: Ist es richtig, dass Neukunden, die zurzeit von einem anderen Strom-Anbieter zu den Stadtwerken Münster wechseln, genau die gleichen Strom-Tarife (und -Preise) angeboten bekommen wie langjährige Bestandskunden, die bisher (Ein- oder Zwei-)Jahresverträge bei den Stadtwerken hatten?

Sebastian Jurczyk antwortet: Wir bieten zurzeit allen interessierten Haushalten dieselben Festpreis-Konditionen für die Stromversorgung an.

Rita Stumpe fragt: Was ist der Unterschied zwischen einem jahrelangen und treuen Bestandskunden mit Festpreisverträgen zu einem Grundversorgungsbestandskunden, außer dass der Grund- und kWh-Preis nur wenige Euro-/Centbeträge Unterschied ausmachen?

Das meint Sebastian Jurczyk: Neben Unterschieden im Energieeinkauf gibt es weitere Besonderheiten, und in beiden Tarifen sind langjährige Bestandskunden der Stadtwerke zu finden. Die Grundversorgung ist eine Art Standardtarif, in den jeder Verbraucher automatisch rutscht, der sich nicht aktiv um einen Energieversorger kümmert. Der Tarif kann sehr kurzfristig gekündigt werden und ist stark reguliert. Energie wird langfristig und risikoarm beschafft. Daher war die Grundversorgung bisher immer ein wenig teurer als die Festpreisverträge. Die Festpreisverträge schützen Sie vor allem vor nicht vorhersehbaren Preisschwankungen. Steigen die Marktpreise, profitieren Sie vom festgeschriebenen Preis.

Dr. Christina Senninger: Laut Geschäftsbericht 2020 (2021 wird noch nicht fertiggestellt sein) haben Sie einen Jahresüberschuss von 11,3 Millionen Euro erzielt. Warum geben Sie nicht angesichts der steigenden Gas- und Strompreise einen Teil des Gewinns an Ihre Kunden weiter?

Das antwortet Sebastian Jurczyk: In den Ergebnissen unseres Energievertriebs merken wir die Auswirkungen der Preiskrise sehr deutlich. Glücklicherweise können wir Verluste aus dem Energie- und ÖPNV-Geschäft bisher noch durch andere Bereiche ausgleichen – im Jahr 2020 unter anderem dank der Hilfen aus dem ÖPNV-Rettungsschirm. Den Löwenanteil der Gewinne – 6,5 Millionen Euro – schütten wir an den städtischen Haushalt aus. Den weiteren Teil investieren wir in den Ausbau erneuerbarer Energien, in Digitalisierung und nachhaltige Mobilität. Nur der massive Ausbau unserer eigenen Stromerzeugung aus Wind und Sonne macht uns unabhängiger von den Märkten und bringt den Klimaschutz voran.

Monika und Winfried Sebastian fragen: Mit welcher Argumentation hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke Münster die Bestrafung der Festpreiskunden gebilligt?

Sebastian Jurczyk antwortet: Ich bedauere es sehr, dass Sie den Schutz der einen Kunden als persönliche Strafe für andere empfinden. Wir haben in dieser Krise alles getan, um die Kostensteigerungen durch verantwortliches Handeln so weit wie möglich abzufedern. Das zeigt sich daran, dass unsere Festpreise im Vergleich mit anderen Anbietern weiterhin sehr gut abschneiden. Der Aufsichtsrat ist unserer Argumentation gefolgt, die hohen zusätzlichen Kosten für die zu beschaffende Energie für den plötzlichen, unerwarteten Kundenzuwachs in der Grundversorgung nicht zu Lasten der Haushalte im bestehenden Grundversorgungstarif zu sozialisieren. Andere Unternehmen haben die Grundversorgungstarife nicht aufgesplittet. In der Folge steigt dort der Preis für alle Haushalte in der Gas-Grundversorgung um mehr als 40 Prozent. Das haben wir vermieden.

Klaus-Peter Hillgruber fragt: Warum wurden wir nicht bereits im vergangenen Jahr im Zuge einer kundenfreundlichen Behandlung auf die beabsichtigten erheblichen Kostensteigerungen hingewiesen und uns vorab ein Vertragswechsel zu günstigeren Bedingungen als jetzt zum 1. April 2022 angeboten?

Der Stadtwerke-Geschäftsführer meint: Die Preisexplosion für Strom und Gas war in dieser Dramatik für keinen Versorger absehbar. Sie stellt alles in den Schatten, was wir in der Branche bisher erlebt haben. Im vergangenen Herbst kannten wir die Preise für den April nicht, die Verschärfung der Ukrainekrise war nicht absehbar. Ehrlich gesagt, hätte ich mir zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen können, dass wir zu so drastischen Mitteln wie einer Splittung der Grundversorgungstarife greifen müssen. Rückwirkend gesehen hätten wir die Situation aber kommunikativ besser begleiten können.

Ein Windrad steht neben dem Mast einer Hochspannungsleitung und dreht sich im Wind. Die Abschaffung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat der Bund beschlossen. Foto: dpa

Astrid Stompel fragt: Wird die Senkung bzw. die Abschaffung der EEG-Umlage auch an die Festpreiskunden weitergegeben?

Sebastian Jurczyk antwortet: Ja, wo wir unsere Kunden entlasten können, tun wir das auch. Das gilt für die EEG-Umlage zum 1. Juli. Die Politik ist gefordert für weitere Entlastungen zu sorgen, denn die hohen Preise für Energie, Benzin und Lebensmittel bringen viele Haushalte in Schwierigkeiten. Steuern und Abgaben machen mehr als 30 Prozent vom Strompreis aus, und die Einnahmen steigen mit den Preisen. Darin liegt also noch viel Potenzial, alle Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten. Zum Beispiel beim Mehrwertsteuersatz: Warum wird auf Energie die volle Mehrwertsteuer erhoben und nicht der verringerte Satz wie für andere Lebensmittel?

Jürgen Reckfort fragt: Mich interessiert die Frage, warum man als langjähriger Bestandskunde der Stadtwerke – ich hatte zuletzt „Mein Münster: Strom“ mit einer Preisgarantie von einem Jahr – anbieterseitig ohne entsprechende Hinweise in den AGB bei einer Rückkehr in die Grundversorgung einfach als Neukunde eingestuft bzw. warum man in einen seitens der Verbraucherzentrale nicht empfohlenen Zwei-Jahres-Preisgarantie-Vertrag gelockt wird?

Der Stadtwerke-Geschäftsführer sagt: Die Verbraucherzentralen haben lange geraten, die teure Grundversorgung zu verlassen und Preise zu vergleichen. Heute verklagen sie Versorger, die Kunden nicht nach den Preisen der alten Grundversorgung versorgen können, weil die Mengen teuer nachgekauft werden müssen. Das zeigt das Dilemma: Der früher als teuer und bürokratisch gescholtene Grundversorgungstarif wurde auf einmal so begehrt, dass die Mengen nicht ausreichen und für jeden wechselnden Kunden teuer nachbeschafft werden müssen. Diese Kosten müssten wir auf alle grundversorgten Kunden umlegen. Wir haben anders entschieden und die Grundversorgung geschlossen, um die Kunden in diesem Tarif davor zu schützen – so wie mehr als 400 Stadtwerke.

Karsten Krol fragt: Sie streben mit der Stadt Münster an, klimaneutral zu werden, zwingen aber durch ihre jetzige Preispolitik die Kunden, abzuwandern zu Stromanbietern, die dieses Klimaziel nicht auf ihrer Agenda haben. Wie passt das zu Ihrer Politik zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz?

Der Stadtwerke-Chef meint: Letztlich können wir in Deutschland froh sein, bereits so viel erneuerbare Energie zu erzeugen. Das erhöht das Angebot an der Strombörse und dämpft so den Preisanstieg. Daher wäre es gerade jetzt falsch, unseren Weg zu verlassen, mehr Windenergie- und Fotovoltaikanlagen zu bauen und die Verträge auf Ökostrom umzustellen – nicht nur zum Klimaschutz, sondern auch, um die Versorgung nachhaltig sicher aufzustellen. Die aktuelle Preissituation trifft dabei nicht nur Anbieter, denen Nachhaltigkeit und Klimaschutz wichtig sind. Auslöser für die Krise am Verbrauchermarkt sind gerade die, die nicht auf eine nachhaltige Strategie gesetzt haben, sondern ihre Kundinnen und Kunden im Regen stehen gelassen haben.

Andreas und Gabriele Kupczik fragen: Wie wir mit Erstaunen und Empörung festgestellt haben, hat unser Bekannter, wohnhaft ebenfalls in Amelsbüren als bisheriger Kunde bei Stromio einen günstigeren Stromtarif erhalten als wir: Bitte beantworten Sie uns, was uns noch bewegen sollte bei Ihnen als Kunde weiterhin zu bleiben.

Sebastian Jurczyk antwortet: Es ist in der Tat so, dass den Stromio-Kunden im Dezember vor der Einführung unserer zweiten Strom-Grundversorgung die Energielieferung gekündigt wurde. Als Grundversorger mussten wir diese Haushalte aufnehmen und zum damals gültigen Grundversorgungstarif versorgen. Auch abseits der Pleiten am Energiemarkt hat die preislich attraktive Grundversorgung Kunden angezogen. Dieses unerwartete, nicht prognostizierbare Kundenwachstum erforderte es, den Strom für die ehemaligen Stromio-Kunden und die Vertragswechsler zu aktuellen Preisen nachzukaufen. Um den Preisanstieg zu begrenzen, haben wir die Reißleine gezogen und Anfang Januar eine zweite Strom-Grundversorgung eingeführt. Aufgrund des nicht absehbaren Kundenzuwachses müssen wir leider auch die Preise für die alte Grundversorgung zum 1. April erhöhen. Ihre Verärgerung verstehe und teile ich. Rechtlich gab es keinen anderen Weg.

Josef Veerkamp stellt fest: Dieses Verhalten entspricht dem typischen Verhalten eines Monopolisten. Weiterhin ist zu beobachten, dass seitens des Rates über Bustarife diskutiert wird, die anscheinend über die Stromtarife finanziert werden müssen.

Das entgegnet der Stadtwerke-Chef: Ganz im Gegenteil! Auf die Strompreise haben die Bustarife noch nie Einfluss genommen. Das wäre ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Stromanbietern, den wir uns gar nicht leisten könnten, denn ein Monopolist sind wir schon lange nicht mehr. Unsere Festpreisangebote müssen den Vergleich zu unseren Wettbewerbern keinesfalls scheuen. Das Geld, das wir zusätzlich in die Busse stecken, wird nicht über die Strompreise querfinanziert. Es kommt aus den Überschüssen der Stadtwerke. Große Konzerne schütten diese Überschüsse an Aktionäre aus, wir als kommunales Unternehmen setzen sie zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger ein, schütten sie an den städtischen Haushalt aus und reinvestieren vor Ort etwa für den Ausbau erneuerbarer Energien und Digitalisierung.

"Auf die Strompreise haben die Bustarife noch nie Einfluss genommen", sagt der Stadtwerke-Geschäftsfüher. Foto: Oliver Werner

Raimund Mölders fragt: Ich war immer der Meinung, dass durch diese Festpreisverträge für Sie eine gewisse Planungssicherheit beim Einkauf von Strom gibt. Deshalb ist es mir völlig unverständlich, dass genau diese Kunden jetzt bestraft werden, die Ihnen die Treue gehalten haben. Das müssen Sie mir erklären.

Sebastian Jurczyk meint: Der Festpreis schafft auf beiden Seiten Planungssicherheit. Sie können sich darauf verlassen, dass die Beschaffungskosten über die Laufzeit nicht steigen – egal, wie sich die Weltlage und Börsen entwickeln. Wenn Senkungen möglich sind, geben wir diese in der Laufzeit weiter. Dass Sie sich nach ein oder zwei Jahren stabiler Energiekosten in dieser völlig veränderten Marktsituation wiederfinden und den Preissprung wie eine Strafe empfinden, kann ich gut verstehen. Wenn Sie sich bei den Vergleichsportalen umsehen, sehen Sie, dass unsere Festpreise weiterhin sehr attraktiv sind.

Martin Vogel fragt: Wie stehen die Stadtwerke Münster dazu, dass es trotz der Diskussion über Energiepreissteigerungen zu immer mehr Kunstlichteinsatz für Gebäudeanstrahlungen und Gartenbeleuchtungen kommt?

Der Stadtwerke-Geschäftsführer sagt: Das ist eine persönliche Entscheidung, die ich nicht bewerte. Die LED-Technik erlaubt sehr energieeffiziente Beleuchtung zu geringen Kosten. Gerade in der dunklen Jahreszeit freuen sich viele über Lichtblicke. Wenn die Beleuchtung keine Nachteile für Mensch, Tier und Umwelt zeigt, sehe ich aus Sicht des Energieversorgers kein Problem.

Andreas Roth fragt: Wenn wir zudem davon ausgehen können, dass sich die momentan hohen Einkaufspreise am Gasmarkt in den nächsten Monaten irgendwann „normalisieren“ sollen, was passiert dann mit unserem neuen Liefervertrag? Dann profitieren die Stadtwerke für einen Großteil der Vertragslaufzeit von sinkenden Einkaufspreisen bei gleichzeitig hohen Lieferpreisen. Oder würden die Stadtwerke ggfs. eine Anpassung der Lieferverträge anbieten?

Das sagt Sebastian Jurczyk: Die Energie für die Festpreisverträge kaufen wir einmalig zum Marktpreis ein, der zu diesem Zeitpunkt gilt. Daher führt auch ein sinkender Gaspreis nicht dazu, dass wir eine Differenz aus den Festpreisverträgen einstreichen könnten. Wir sehen aber, dass die Energiepreise für viele eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Daher prüfen wir in diesem Jahr regelmäßig, ob Spielraum für Preissenkungen besteht. Dabei haben wir besonders die Haushalte mit Laufzeitverträgen im Blick: Wir geben beispielsweise die Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli weiter.

Günter Ilgemann fragt: Unser bisherige Stromliefervertrag weist einen Gesamtpreis von 1240,05 Euro aus. Das neue Angebot für zwei Jahre Preisgarantie beträgt nunmehr 2144,85 Euro. Welche Faktoren liegen der Erhöhung der Kosten zugrunde?

Das sagt der Stadtwerke-Chef: Die Beschaffungspreise für Strom und Gas, die wir für unsere Kundinnen und Kunden einkaufen, sind im vergangenen Jahr so stark gestiegen, wie wir es noch nie gesehen haben – teils mit Aufschlägen von 400 bis 1000 Prozent. Diese Kosten müssen wir in unsere Angebote einkalkulieren. Nachdem Ihr Strompreis dank Festpreisgarantie für ein oder zwei Jahre eingefroren war, lässt die angespannte Marktsituation den Preissprung selbstverständlich noch deutlicher erscheinen. Umgekehrt betrachtet sehen Sie daran, dass die Preisgarantie Sie bisher vor steigenden Kosten geschützt hat und es auch in Zukunft tun wird. Spielräume für Preissenkungen hingegen geben wir weiter. In diesen turbulenten Zeiten stellt die Sicherheit vor weiter steigenden Preisen und einseitigen Kündigungen einen Wert dar.

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