Gründung eines Betriebsrates
Foodora-Mitarbeiter müssen sich gedulden
Münster
Dürfen die Mitarbeiter des Lieferdienstes Foodora in Münster einen Betriebsrat gründen? So lautete die Frage am Freitag vor dem Arbeitsgericht. Die Richterin sah vorerst einen Fallstrick.
Fahrerinnen und Fahrer des Lieferdienstes Foodora in Münster wollen hier einen Betriebsrat gründen. Darüber streiten sie schon seit über einem Jahr mit ihrem Arbeitgeber, der ihnen dieses Recht bislang abspricht. Auch ein Termin am Freitag vor dem Arbeitsgericht brachte in dieser Frage zunächst keine weitere Klärung.
Weil zu einer Betriebsversammlung im November 2017 nicht alle Foodora-Beschäftigten in Münster eingeladen worden waren, sah sich die Richterin am Freitagmittag schon aus diesem Grund nicht in der Lage, in der Sache zu entscheiden. Man könne keinen Wahlvorstand an der Gesamtbelegschaft vorbei einsetzen. Es hatten sich nämlich damals nur die Mitarbeiter getroffen, die sich untereinander kannten. Das aber reiche eben nicht aus, erklärte die Arbeitsrichterin unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung.
NGG hegt weiter Hoffnung auf Betriebsrat
Deshalb folgte das Gericht am Freitag nicht dem Antrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die einige der Foodora-Beschäftigten vor Gericht vertritt. Aus Sicht des Lieferdienstes Foodora gibt es in Münster auch gar keinen betriebsratsfähigen Betrieb oder Betriebsteil, weil die Mitarbeiter wie im Außendienst tätig seien. Das wiederum sieht die NGG anders. Über diese juristische Frage könnte aber noch entschieden werden, wenn beide Seiten dem entsprechenden Vergleichsvorschlag der Richterin folgen sollten, der eine Klärung dieses Streit anregt.
Für eine eventuell später folgende Betriebsversammlung müssten dann aber immer noch alle Beschäftigten freiwillig über den Arbeitgeber eingeladen werden oder dieser müsste der Gewerkschaft eine Liste alle Beschäftigten aushändigen. Während sich die Foodora-Rechtsanwältin zu dem Verfahren nicht öffentlich äußern wollte, hegt die NGG weiter Hoffnung, in Münster einen Betriebsrat gründen zu können.
Foodora von Lieferando übernommen
Der Fall findet inzwischen bundesweit Beachtung, weil es hier auch um Veränderungen in der Arbeitswelt durch den digitalen Wandel geht. In Münster gibt es rund 70 Foodora-Beschäftigte, zumeist Studenten, die sich über eine Online-Plattform zur Arbeit anmelden. Es gibt aber kein Büro vor Ort oder eine feste Betriebsstätte.
Der Lieferdienst Foodora ist Ende vergangenen Jahres von Lieferando übernommen worden. Die Gewerkschaft sieht dort auch die grundsätzlichen Arbeitsbedingungen als kritisch an, weil die Lieferkuriere, die eigenen Angaben zufolge den Mindestlohn erhalten, auf eigenen Fahrrädern fahren und beispielsweise Kosten für Reparaturen nicht erstattet bekämen.
Lukas Neumann verlässt nicht allein, aber entgeistert den Verhandlungssaal des Arbeitsgerichts: „Ich bin frustriert, dass es noch länger dauern wird.“ Auf den Zuschauerstühlen hinten im Saal hatten der Fahrer des Lieferdienstes Foodora und ein knappes Dutzend seiner Kollegen zuvor die Bemühungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verfolgt, in ihrem Sinne einen Betriebsrat in Münster bei dem Lieferservice durchzusetzen.
Doch daraus wird erst einmal nichts. Denn zu einer ersten Betriebsversammlung waren damals nicht alle in Münster Beschäftigen eingeladen worden, legte die Richterin den Finger in die juristische Wunde. Deshalb könne die Gewerkschaft auch nicht auf die Einrichtung eines Wahlvorstands an der Gesamtbelegschaft vorbei klagen, so die Ansicht des Gerichts.
Allenfalls könne man Foodora in einem neuen Verfahren gerichtlich auffordern, freiwillig zu einer Betriebsversammlung einzuladen oder dafür der Gewerkschaft die Liste aller Mitarbeiter auszuhändigen. Aber eben genau das war am Freitag nicht Gegenstand des von der NGG forcierten Rechtsstreits. Und so gab es auf deren Seite einige enttäuschte Gesichter.
Da aber das grundsätzliche Problem nach Ansicht des Gerichts nach einer Entscheidung ruft und die Richterin durchaus Verständnis für das Betriebsrats-Ansinnen der Foodora-Beschäftigten in Münster erkennen ließ, hat sie den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. In diesem Rahmen würde geprüft, ob es bei Foodora in Münster überhaupt einen betriebsratsfähigen Betriebsteil oder Betrieb gibt. Das nämlich bestreitet das Unternehmen vehement. „Da wo gar nichts ist im Außendienst, kann man nichts erzwingen“, erklärte die Rechtsanwältin des Lieferdienstes, die außerhalb des Verfahrens keinen Kommentar abgeben wollte.
Der Fall findet inzwischen bundesweit Beachtung, weil es hier um Veränderungen in der Arbeitswelt im Zuge des digitalen Wandels geht. Denn das Unternehmen hat in der Domstadt in der Tat kein Büro vor Ort oder eine feste Betriebsstätte. Die rund 70 Beschäftigten – zumeist Studenten, die zum Mindestlohn arbeiten – melden sich schlicht über eine Online-Plattform an.
Allerdings wehrt sich Foodora, zum Jahreswechsel von Lieferando übernommen, bislang hartnäckig gegen einen Betriebsrat in Münster. Einen solchen gebe es aber in Köln. Dass der die Beschäftigten in Münster mitvertreten könne, schien für die Richterin kaum vorstellbar; zumal die münsterischen Mitarbeiter dort auch nicht mitgewählt hatten.
NGG-Gewerkschaftssekretär Piet Meyer zeigte sich nach dem Dämpfer vor Gericht dennoch zuversichtlich, alsbald einen Betriebsrat bei Foodora in Münster durchsetzen zu können. „Ich sehe das heute nicht als Schlappe an.“
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