Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine: Prinzipalmarkt in gelb und blau
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Kundgebung und Friedenskette
Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine: Der Prinzipalmarkt in gelb und blau
Münster
Münster war am Freitag – dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine – gelb und blau: Kurz vor der Friedenskette versammelten sich Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem Prinzipalmarkt. Es wurde sehr emotional.
Der Prinzipalmarkt war am Freitagnachmittag weitgehend in der Hand ukrainischer Frauen. In vielen Redebeiträgen wurde der russische Angriff auf ihre Heimat scharf kritisiert. An der Friedenskette nahm die Ukrainische Gemeinde aber nicht teil Foto: Matthias Ahlke
Münster erlebte am Freitag einen hoch emotionalen, tief bewegenden Moment. Aber dieser Moment war nicht um 16 Uhr, als die Menschenkette zwischen den Friedensälen von Münster und Osnabrück geschlossen wurde. Selbst in der münsterischen Altstadt, für die sehr viele Anmeldungen vorlagen, waren die Lücken unübersehbar.
Nein, der eigentliche Gänsehautmoment ereignete sich knapp 30 Minuten vorher, als sich deutlich mehr als 100 Ukrainerinnen und Ukrainer (weitaus mehr Frauen als Männer) vor dem Rathaus versammelten. Olga Stromberger von der Ukrainischen Gemeinde fragte in die Runde, wer in Sorge um Angehörige sei, die als Soldaten kämpfen, oder wer Tote zu beklagen habe. Dutzende Hände gingen in die Höhe, es wurde still, viele Menschen auf dem Platz hatten Tränen in den Augen.
Gleich zwei Ukraine-Veranstaltungen
Aus Anlass des ersten Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine fanden in Münsters guter Stube gleich zwei große Veranstaltungen statt, die sich zeitlich nicht ins Gehege kamen, aber inhaltlich einander doch fremd blieben. Zum einen die Solidaritätskundgebung, zu der unter anderem die Gesellschaft für bedrohte Völker und die CDU eingeladen hatten. Auf der anderen Seite die von den Friedensinitiativen in Münster und Osnabrück initiierte Friedenskette.
Die Friedenskette in Münster
Als die Kundgebung um kurz vor 16 Uhr unterbrochen wurde, bat Mark Dingerkus von der Friedensinitiative die versammelten Ukrainer, sich in die Friedenskette einzureihen. „Das wäre doch ein tolles Zeichen.“ Doch die Ukrainer lehnten ab. Wiederholt hatten sie im Vorfeld erklärt, dass sie sich mit dem Titel der Kette – „Peace now!“ – nicht identifizieren könnten.
„Putin – Aggressor und Kriegsverbrecher“
Ohnehin waren die unterschiedlichen Gefühlslagen auf dem Prinzipalmarkt deutlich zu spüren. Während der Solidaritätskundgebung hing vor dem Rathaus ein großes Banner der Gesellschaft für bedrohte Völker mit dem Slogan „Putin – Aggressor und Kriegsverbrecher“. Als die Friedenskette kam, wurde es abgehängt.
Kommentar: Großer Spagat
Zu Wort kam bei der Kundgebung auch die Historikerin und Politikerin Rita Zimmermann. Sie berichtete von ihrem Cousin, der als Soldat für die Ukraine in Mariupol gekämpft hatte. Immer wieder forderte sie Deutschland auf, die Ukraine auch militärisch zu unterstützen. „Frieden gibt es nur mit einer freien Ukraine.“
Auch Olga Stromberger ließ in ihrer Ansprache sehr patriotische Töne anklingen. Mehrfach bezeichnete sie die ukrainischen Soldaten als Helden. „Sie wissen, dass sie sterben können, aber sie wollen ihre Kinder und Eltern schützen.“ Stromberger verwahrte sich gegen allgemeine Appelle zum sofortigen Waffenstillstand: „Den Krieg können nicht diejenigen beenden, die angegriffen wurden.“
Weihbischof warnt vorm Wegschauen
Selbstkritische Worte an die Adresse der auf dem Prinzipalmarkt versammelten Deutschen richtete Weihbischof Stefan Zekorn. Er erinnerte an das Versagen der Politik, als Russland 2014 die ukrainische Krim besetzte. „Damals haben wir weggeschaut. Das darf uns nicht wieder passieren.“
Kundgebung zum Jahrestag des Ukraine-Krieges
Als sich gegen 16.15 Uhr die Friedenskette wieder auflöste, bewertete Mark Dingerkus die Aktion trotz der Lücken als Erflog. „Es kommt auf das Zeichen an.“ Das schlechte Wetter habe viele davon abgehalten, zur Friedenskette zu kommen. Ganz abgesehen davon habe es auch sehr gut frequentierte Streckenabschnitte gegeben.