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Auf die Kunst folgt die Sanierung

Gerhard Richters Pendel in der Dominikanerkirche

Münster

Am 17. Juni wird Gerhard Richters Kunstwerk in der Dominikanerkirche offiziell eingeweiht. Doch schon bald werden erneut Bauarbeiter in das denkmalgeschützte Gebäude einziehen. Voraussichtlich 2020 soll die Kirche umfassend saniert werden.

Martin Kalitschke

Die Bodenplatte des Richter-Kunstwerks ist bereits verlegt, auch die Doppelspiegel hängen bereits (hinten rechts). Nur noch das Pendel fehlt. Foto: Matthias Ahlke

Die Bodenplatte ist bereits verlegt worden, auch die grauen Doppelspiegel hängen schon an den Wänden. Nur noch das Pendel fehlt – dann ist das Kunstwerk von Gerhard Richter, das ab 17. Juni in der Dominikanerkirche bewundert werden kann, komplett.

Mit der feierlichen Einweihung, zu der auch der Künstler erwartet wird, sind die Bauarbeiten in der profanierten Kirche allerdings noch nicht beendet – ganz im Gegenteil. Die Stadt plant eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Nach aktuellen Berechnungen werden die Kosten bei 3,7 Millionen Euro liegen. Die Verwaltung hofft auf Fördermittel in Höhe von bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten.

Nach Angaben der Stadt sind die Sanierungsmaßnahmen überfällig. 2006 hatte sie die Kirche vom Land übernommen, doch lange war unklar, was mit ihr passiert. Wichtige Instandsetzungsarbeiten und Restaurierungen seien immer wieder aufgeschoben worden, betont die Verwaltung in einer Vorlage, über die in den kommenden Wochen die Politik diskutieren wird. Fugen seien porös, das Dach massiv beschädigt, auch der Restaurierungsbedarf des Hochaltars sei seit Jahren bekannt, an ihm wurde inzwischen eine Notsicherung vorgenommen.

Die Stadt hofft, die Sanierung 2020 durchführen zu können. Während der mehrmonatigen Arbeiten wird Richters Kunstwerk nicht zugänglich sein. Die Liste der Maßnahmen, die in diesem Zeitraum durchgeführt werden sollen, ist lang: Sie reicht von einem behindertengerechten Zugang an der Salzstraße über den Bau einer WC-Anlage, eines Raumes für das Aufsichtspersonal, den Einbau einer Fußbodenheizung und die Aufstockung der Sakristei bis zu einem neuen Anstrich des Innenraumes und der Restaurierung des Daches. Und auch der Hochalter soll angegangen werden.

Pendel-Einweihung mit Gerhard Richter

Gerhard Richter wird persönlich zur feierlichen Einweihung seines Kunstwerks nach Münster kommen. Am Samstag (16. Juni) stellt er sich nachmittags Fragen der Presse, danach wird er weitere offizielle Termine absolvieren. Ab Sonntag (17. Juni) ist seine Installation „Zwei Graue Doppelspiegel für ein Pendel“ in der Dominikanerkirche dann auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Um 11.30 Uhr ist vor dem Westportal unter freiem Himmel die öffentliche Übergabe geplant, berichtet Stadt-Sprecher Joachim Schiek. Danach kann das Kunstwerk bis 20 Uhr besichtigt werden. Auch am Sonntag wird Gerhard Richter vor Ort sein. Der Eintritt in die Dominikanerkirche ist frei – und daran soll sich laut Schiek auch in Zukunft nichts ändern.

Das alles geschieht nicht nur wegen des Gerhard-Richter-Kunstwerks – das übrigens 650 000 Euro kostet, von denen 600 000 Euro durch Zuschüsse und Zahlungen von Stiftern abgedeckt sind. Die Dominikanerkirche soll nach Abschluss der Sanierung zudem zu einem „Forum für die Bevölkerung“ werden, betont die Verwaltung. In der Vorlage steckt sie schon einmal den Rahmen ab, was in dem denkmalgeschützten ehemaligen Gotteshaus in Zukunft stattfinden könnte: Hearings, Tagungen, Musik-, Literatur- und Kunstveranstaltungen, Filmvorführungen, Vorträge, schulpädagogische Angebote. Tabu sollen hingegen kommerzielle Angebote, private Events und Veranstaltungen von Parteien, Fraktionen oder Organisationen sein.

Kommentar zum Thema

Erst 650.000 Euro für ein Kunstwerk, dann 3,7 Millionen Euro für die Sanierung des Gebäudes, in dem es sich befindet: So mancher mag sich bei so großen Summen die Augen reiben. Mehr als vier Millionen Euro für ein Pendel in einer ehemaligen Kirche?

Keine Frage, das ist viel Geld, doch es ist gut angelegt. 650.000 Euro für das Kunstwerk von Gerhard Richter, dessen Bilder für zweistellige Millionensummen den Besitzer wechseln, sind fast schon ein Schnäppchen, zumal 600 000 Euro durch Fördermittel und Spenden gedeckt sind. Der Künstler verzichtet gar auf ein Honorar. Und die Kirchensanierung? Unumgänglich. Viele Jahre wurde hier nichts mehr gemacht, der Sanierungsstau ist unübersehbar. Die Arbeiten wären früher oder später auch ohne Gerhard Richter erforderlich gewesen.

Läuft alles nach Plan, wird im Sommer 2020 eine rundum erneuerte Kirche wiedereröffnet, in der sich das Kunstwerk eines der bedeutendsten Künstler befindet – eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges, an der künftig kein Münster-Besucher vorbeikommen wird. - Martin Kalitschke

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