Bilanz der Wirtschaftsförderung
Gravierender Mangel an Gewerbeflächen in Münster
Münster
Das Volumen der im vergangenen Jahr von der Wirtschaftsförderung verkauften Gewerbeflächen hat sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Der Grund ist ein enormer Gewerbeflächenmangel. Der belastet zunehmend auch Bestandsunternehmen.
Der sich seit Jahren zuspitzende Mangel an Gewerbeflächen hat eine Dramatik erreicht, die Münsters erstem Wirtschaftsförderer Sorgenfalten auf die Stirn schreibt. Im vergangenen Jahr wurden 14 Grundstücksgeschäfte mit einem Volumen von 3,2 Hektar von der Wirtschaftsförderung (WFM) begleitet – im Pandemiejahr 2020 waren es noch 6,2 Hektar, wie am Freitag bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021 deutlich wurde.
Der aktuelle Absatzwert „ist der niedrigste seit Gründung der WFM im Jahr 2004“, erklärte WFM-Geschäftsführer Enno Fuchs. Konkret: Der Flächenabsatz liege knapp 60.000 Quadratmeter unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 90.000 Quadratmetern und unterstreiche den Mangel an verfügbaren Grundstücken im mittleren und großflächigen Segment.
Zahlreiche Absagen
Zahlreiche Unternehmen und Branchen befinden sich derzeit in einem Transformationsprozess – Stichworte sind hier Digitalisierung, Nachhaltigkeit und klimaneutrales Bauen. Auch manche Bestandsunternehmen würden sich deshalb gern auf neuen Grundstücken weiterentwickeln – wenn es denn freie Flächen dafür gäbe. Es dürfe nicht sein, so Fuchs, „dass diese positive Entwicklung dem Wirtschaftsstandort Münster zum Verhängnis wird, da eine konstant hohe Nachfrage auf ein sich weiter verknappendes Flächenangebot trifft“. Seine Prognose für dieses Jahr: „Acht bis neun von zehn Flächenanfragen werden wir künftig nicht bedienen können.“
Kommentar: Planung beschleunigen
Deshalb müssten Planungsprozesse für mögliche neue Gewerbeflächen beispielsweise in Wolbeck nahe der geplanten neuen JVA, am Hessenweg oder im Hansa-Business-Park in Amelsbüren beschleunigt werden, um die bislang gute wirtschaftliche Entwicklung Münsters fortzuführen.
Top-Werte im Städtevergleich
Beim Städteranking der Wirtschaftswoche belegt Münster in NRW den zweiten Platz, die Stadt hat die niedrigste Arbeitslosenquote aller kreisfreien Städte (im Jahresdurchschnitt 4,9 Prozent) und einen Zuwachs von 2,8 Prozent bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf knapp 180.000. Zahlen, die laut Fuchs die Stärke des Wirtschaftsstandorts belegen.
Die Wirtschaftsförderung habe im vergangenen Jahr immerhin 1650 Arbeitsplätze gesichert – durch die Beratung und Begleitung bei 73 Bestandsentwicklungen, zehn Neuansiedlungen und 74 Neugründungen.
Rekord beim Einwerben von Fördermitteln für Unternehmen
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen und der coronabedingten Turbulenzen ist die münsterische Wirtschaft besser durch das Pandemiejahr 2021 gekommen, als zunächst erwartet. „In Münster ist vieles gut, doch daran mussten alle hart arbeiten“, erklärte Enno Fuchs, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Münster am Freitag bei der Vorstellung der Jahresbilanz.
Mit 14 verkauften Gewerbegrundstücken und 58 vermittelten Immobilienobjekten, darunter Büroflächen, Ladenlokale und Gewerbehallen, sei man bei der Vermarktung nicht über den zehnjährigen Durchschnitt hinausgekommen. Mit ihrer Beratungs- und Vermittlungsarbeit hatte die Wirtschaftsförderung auch Einfluss auf die derzeit extrem niedrige Leerstandsquote in der Innenstadt. Fuchs: „Jede siebte Einzelhandelsfläche ist neu belegt worden – das hatten wir noch nie zuvor.“
Nach der Rekordmarke von 84 vermittelten Immobilienobjekten im Jahr 2020 fiel das Ergebnis 2021 durchwachsener aus. Laut WFM-Statistik gab es 58 Abschlüsse, elf weniger als im Zehnjahresdurchschnitt, mit einer Gesamtfläche von knapp 23.000 Quadratmetern. Etwa die Hälfte der Flächen fragte der Handel nach, 26 Prozent bezogen sich auf den Technologiesektor, 17 Prozent auf die Dienstleistungsbranche und fünf Prozent auf das produzierende Gewerbe. Die meisten Immobilienvermittlungen verbuchte die Wirtschaftsförderung im kleinteiligen Segment mit Flächen zwischen 24 und 660 Quadratmetern.
Enno Fuchs, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Münster
Gute Ergebnisse hat die WFM laut Fuchs bei der Begleitung ihrer Kunden bei der Beantragung von Fördermitteln erreicht. 545 bewilligte Anträge bescherten münsterischen Unternehmen Fördermittel in Höhe von rund 973.000 Euro. Fuchs: „Das ist die dritthöchste Summe seit der Gründung der WFM im Jahr 2004.“
Einen hohen Stellenwert hat die Beratung von Existenzgründern. Mehr als die Hälfte der eingeworbenen Mittel entfiel auf das „Gründerstipendium“. Auf Anraten der Wirtschaftsförderung genehmigte das Land NRW 41 Anträge und stellte innovativen Gründern insgesamt 492 000 Euro an Zuschüssen bereit. Insgesamt eine beachtliche Leistung der Wirtschaftsförderung, die während der Pandemie neben analogen auch zahlreiche digitale Beratungsangebote gemacht habe, lobte die WFM-Aufsichtsratsvorsitzende Sandra Beer.
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