Polizeipräsident Wimber diskutiert mit Anwohnern des Rumphorst-Viertels über Nazi-Demo
Hohngelächter und Protestrufe
Münster
Der Raum der Versammlung war ein klug gewählter Ort. In einer Kirche soll Frieden herrschen – und dies ist vielleicht für eine aufgeladene Debatte erboster Menschen ein guter Platz, ihren Zorn im Zaum zu halten. Die dicht besetzte Thomas-Morus-Kirche hatte Sonntagabend etwas von der Höhle des Löwen, in die sich Polizeipräsident Hubert Wimber begab. Empfangen wurde er von etlichen Hundert Anwohnern des Rumphorst-Viertels, durch das eine Woche zuvor ungehindert von Gegendemonstranten 311 Neonazis zogen – geschützt von Hundertschaften der Polizei.
Die Leute an der Nazi-Aufmarschstrecke fühlen sich durch den massiven Polizeieinsatz nicht nur um den kreativen Protest betrogen, den sie den Rechtsradikalen entgegensetzen wollten. Sie fühlen sich von den Polizisten auf ihren eigenen Grundstücken kriminalisiert und von den braunen Demonstranten bedroht. „Wir wurden mit Duldung der Polizei von den Nazis angepöbelt und fotografiert. Jetzt stehen Fotos von mir vor meinem Haus auf den Internetseiten der Nazis“, berichtete ein Anwohner der Straße im Hagenfeld.
Prof. Helmut Mair, ebenfalls Anwohner im Hagenfeld, berichtete, von der Polizei unter Druck gesetzt worden zu sein, für etwaige Straftaten von Personen zu haften, die sich auf seinem Grundstück befanden. „Seit wann gilt hier Sippenhaft?“, schallte ein Zwischenruf zum Podium, wo Moderator Johannes Masolle sich bemühte, die Gemüter zu beruhigen.
Hubert Wimber, Polizeipräsident
Hubert Wimber gab zu, „nicht in allen Einzelfällen mit dem Einsatz der Polizei zufrieden“ zu sein. Besonders im Fall der Familie Schorlemer, die einen runden Geburtstag feiern wollte. Sämtliche Eingeladene waren zuvor namentlich der Polizei bekannt gegeben worden. Am Samstag standen sie aber dennoch ohne ihre Gäste da, unter anderem dem Gospelchor der Epiphanias-Gemeinde.
Prinzipiell blieben der Polizeipräsident und sein Einsatzleiter Rainer Schieferbein aber dabei: Das frühe Auftreten von 600 bis 800 gewaltbereiten Autonomem, laut Wimber die „Chaos und Krawall-Fraktion“ in der Stadt, habe die Strategie notwendig gemacht. „Wir haben keine Zusagen gebrochen“, beharrte Wimber. Seine Sichtweise wurde zumeist mit Hohngelächter oder Protestrufen aus dem Kirchenraum quittiert. Einsatzleiter Schieferbein fasst irgendwann nicht ohne Resignation zusammen: „Ich glaube, wir haben von einem Ereignis unterschiedliche Bilder im Kopf.“
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