Gericht: Anwalt hat gegen Interessen von Mandanten gehandelt
Jurist zu Bewährungsstrafe verurteilt
Münster
Das Landgericht Münster hat am Freitag einen bekannten münsterischen Verwaltungsjuristen wegen schweren Parteiverrats zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, hat das für den Mann schwerwiegende Folgen.
Ein bundesweit bekannter Verwaltungsjurist aus Münster steht vor den Trümmern seiner jahrzehntelangen glanzvollen Karriere. Das Landgericht Münster verurteilte ihn am Freitagnachmittag nach einem monatelangen Prozess wegen schweren Parteiverrats an seinen Mandanten zu einer auf Bewährung festgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten.
Nach dem allerdings noch nicht rechtskräftigen Urteil darf er seinen Beruf als Anwalt nicht mehr ausüben, verliert sein Notariat, eventuell auch seine Lehrbefugnis als Honorarprofessor und sein Bundesverdienstkreuz, wie der Richter andeutete. Der Verurteilte zeigte sich gleich nach Richterspruch kampfeslustig: Seine Verteidiger beabsichtigten, Revision einzulegen und vor den Bundesgerichtshof zu ziehen, kündigte er an.
Der Anwalt vertritt auch aktuell Mandanten in Rechtsstreitigkeiten mit überregionaler Aufmerksamkeit, etwa im Verfahren um den Neubau der maroden Leverkusener Brücke.
Schwerer Parteiverrat
Den schweren Parteiverrat, nach dem Strafgesetzbuch ein Verbrechen, das mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet wird, hat der Münsteraner nach Auffassung der achten Strafkammer des Landgerichts an einem Teil seiner Mandanten in einem fünf Jahre zurückliegenden Rechtsstreit um den Ausbau einer Bahnlinie durch das Oldenburger Stadtgebiet zum Jade-Weser-Port begangen. Der Jurist, so der Richter in seiner zweistündigen Urteilsbegründung, habe „vorsätzlich“ zum Nachteil seiner Mandanten – privaten Klägern – einen Vergleich mit der Deutschen Bahn herbeigeführt.
Umstrittener Vergleich
Die Privatleute wollten die Bahn dazu zwingen, die Fahrpläne zu beschränken oder am besten die Bahnlinie ganz um das Stadtgebiet herumzuführen. Der münsterische Anwalt, der diese und unter anderem auch die Stadt Oldenburg vertrat, strebte einen Vergleich an, durch den die Bahn für Anlieger an der Bahntrasse Lärmschutzmaßnehmen an ihren Häusern finanzieren wollte. Die privaten Kläger wollten aber ein weitergehendes Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht. Sie hatten dem münsterischen Anwalt notariell untersagt, einen solchen Vergleich zu schließen. Die Vorwürfe gegen den Juristen untermauerte unter anderem auch ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts, der als Zeuge im Prozess in Münster ausgesagt hatte.
Der münsterische Anwalt zeigt sich weiterhin überzeugt, dass er mit dem angestrebten Vergleich das Beste für alle seinen Mandanten habe erreichen können. Der Richter sieht das anders. „Es ist nun mal der Mandant, der die Prozessziele festlegt.“
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