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Katholikentag in Münster

Eindringlicher Appell gegen Hetze und Populismus

Münster

Lauter Beifall für die Bibel. „Hütet eure Zunge“, zitierte Bambergs Erzbischof Ludwig Schick aus der Heiligen Schrift. Und wohl jeder im Congress-Saal in Münster wusste in diesem Moment, was gemeint war.

Wolfgang Kleideiter

Juli Klöckner warnte beim Katholikentag in Münster vor den enormen Einschüchterungsmöglichkeiten im Internet. Foto: Gunnar A. Pier

Populismus erlebt, auch wenn es ihn immer gab, im Zeitalter des Internets eine neue Hochzeit, vergiftet das Klima und belastet das Zusammenleben. Für Schick hat Populismus etwas mit Unwahrheit, mangelnder Wahrnehmung von Wahrheit und auch mit Lüge zu tun. „Wir müssen viel mehr tun, damit die Wahrheit den Populismus überwindet“, sagte Schick auf dem Katholikentag. Er forderte mehr Bildung und vor allem mehr Wissen über grundlegende Werte.

Die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ lehne er ab, erklärte Schick. Solche Fragen brächten nichts und schadeten eher. „Wer Verantwortung trägt, muss erst das Gehirn einschalten und dann die Zunge bewegen.“

Stimmungsmache im Internet

Wie Erzbischof Schick, gegen den im Netz wegen seiner Aussagen zum Islam in Deutschland gehetzt wurde, erlebt auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eine „von Fakten freie” Stimmungsmache im Internet. Die Einschüchterungsmöglichkeiten seien dort enorm - von rechts wie von links. Man müsse Gegensteuern, um die Balance in der Gesellschaft zu halten, aber auch darauf achten, selbst nicht populistisch zu werden.

Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus engagiert, rief dazu auf, digitale Präsenz zu zeigen: „Ich bitte Sie alle, ins Netz zu gehen, damit da auch die zivile Gesellschaft vertreten ist. Wir dürfen es nicht denen überlassen, die Hass schüren.“

Jörg Schönenborn, WDR-Fernsehdirektor

Jörg Schönenborn, WDR-Fernsehdirektor, sieht im Populismus durchaus einen Wesenszug der Politik, der Medien und der Menschen. „Zuspitzung ist legitim, Verzerrung aber unerträglich.“ Jeder solle sich in Sachen Populismus an die eigene Nase fassen, zumal die Algorithmen der sozialen Netzwerke an diese menschliche Eigenheit anknüpften. „Wahrheit kann nie die Verdichtung auf einen Satz sein, sondern ist eine komplexe Diskussion.“ Der Staat, so Schöneborn, sollte auf dem Gebiet der sozialen Medien eine verlässliche Infrastruktur für Debatte und Wissensaustausch im Netz schaffen - „abseits der Konzerne und Gewinninteressen“.

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