Christoph Tiemann und Sarah Giese lasen Liebes im Schnabulenz
Auf welcher Wolke auch immer
Münster
Dramatische Musik tönt durch das kleine Kellertheater des „Schnabulenz“, während Christoph Tiemann mit britischem Akzent Sir Alfred Hitchcock imitiert, jenen Regisseur, der für Spannung und Komik gleichermaßen berühmt ist.
Dramatische Musik tönt durch das kleine Kellertheater des „Schnabulenz“, während Christoph Tiemann mit britischem Akzent Sir Alfred Hitchcock imitiert, jenen Regisseur, der für Spannung und Komik gleichermaßen berühmt ist. So auch seine Anekdote über einen Drehbuchautor, dem im Traum die besten Ideen kommen. Etwa diese: Junge liebt Mädchen.
„Es ist die größte Geschichte, die man erzählen kann“, sagt der Kabarettist, der nicht nur im Radio Begriffen auf den Grund geht („Tiemanns Wortgeflecht“). Auch die szenische Lesung „Nur ein Wort“, die am Valentinstag in 9½ Kapiteln die Liebe feiert, unterhält das Publikum mit wissenswerten Seitenschlenkern. So erfährt man, dass dem Begriff „Wolke 7“ die Vorstellung der alten Griechen von sieben Himmeln zugrunde liegt, während man im Englischen von „cloud nine“ spricht, was wiederum auf die Meteorologie zurückgeht („Das sind die kuscheligen Wolken“). Weniger schön ist die Geschichte um Namensgeber Valentinus, der als christlicher Märtyrer enthauptet wurde.
Freud und Leid liegen nah beieinander, wenn es um die Liebe geht, und so rückt der Vortragskünstler gemeinsam mit der professionellen Sprecherin Sarah Giese ein literarisches Programm ins Rampenlicht, das sämtliche Emotionen bedient. Witzig, wie Tiemann Goscinnys kleinem Nick die Stimme leiht; Mädchen kann er „nicht ausstehen“, Fußballerinnen umso mehr. Dagegen stehen spannungsvolle Szenen, etwa aus Steven Soderberghs „Solaris“, ebenso wie erotische Momente im „Hohelied der Liebe“ (Bibel) oder in Rilke-Texten. Todtraurig Wystan Hugh Audens Gedicht um den verlorenen Geliebten („Die Sterne sind jetzt unerwünscht, löscht jeden aus davon“).
Wenn’s um große Gefühle geht, darf Shakespeare nicht fehlen. Dramatik liefert sein eifersüchtiger Othello, sehnsuchtsvoll geben sich Romeo und Julia – wie sollte es auch anders sein. Till Backhaus am E-Piano ergänzt die abwechslungsreiche Lesung durch gelungene Soundcollagen und kurze Musikstücke an Cembalo oder Klavier und setzt auch mal humorvolle Akzente, wenn im Hintergrund zu Shakespeare Techno-Musik läuft. Mit Meister Goethe klingt der Abend versöhnlich aus: „Welch Glück, geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück!“
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