1. www.wn.de
  2. >
  3. Münster
  4. >
  5. Kultur
  6. >
  7. Bierkisten-Erstbesteigung mit integriertem Lawinenabgang

  8. >

Originelle Performance „Last Order“ im Pumpenhaus

Bierkisten-Erstbesteigung mit integriertem Lawinenabgang

Münster.

Der Titel „Last Order“ erinnert an die letzte Runde in britischen Pubs. Künstler Felix Bürkle hatte mit seiner Darbietung im Pumpenhaus allerdings anderes im Sinn. Bierkästen und Bierflaschen war hier Mittel zum Zweck für eine fesselnde Performance.

Von Helmut Jasny

157 Bierkisten und 987 Flaschen: Das waren die Requisiten in Felix Bürkles gelungener Performance Foto: Oliver Look

157 Bierkisten und 987 Flaschen sind die Requisiten in Felix Bürkles Per­formance „Last Order“, die am Wochenende im Pumpenhaus zu sehen war. Die Zahlen stehen im Programmheft. Und wenn man sich die ­Armee aus Flaschen am rechten Bühnenrand und die Türme und Festungen aus Kisten im Hintergrund anschaut, dann glaubt man es auch. Ein Tisch und mehrere Stühle kommen noch dazu, auf denen später die Standfestigkeit von Bierflaschen auf schiefen Ebenen getestet wird und so manches mehr.

Bürkle geht es um das Verhältnis zwischen Mensch und Objekt, um die Wahrnehmung von Dingen und um die Heidegger’sche Grundfrage, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts? Auch das steht im Programmheft. Auf der Bühne wirkt das, was Bürkle und seine Mitstreiter Baptiste Bersoux und Uwe Brauns mit den Bierkisten anstellen, manchmal ein bisschen wie Lego für Erwachsene. Ein Spiel also. Aber eines, das den Zuschauer von der ersten bis zur ­letzten Minute nicht mehr loslässt.

Der Anfang gestaltet sich eher ordnend. Ruhig und akribisch baut Bürkle schlanke Türme aus Flaschen, bis von der Decke plötzlich wie aus dem Nichts eine Flasche stürzt und auf dem Boden zersplittert. Jetzt kommt auch Bewegung in die Kisten. Türme beginnen zu wanken und spucken ­Flaschen aus. Mauern werden errichtet, hinter denen Flaschen wie Marionetten auftauchen. Tänzerisch gibt es ein Solo mit Flasche, einen Flamenco auf wack­liger Kiste und einen Pas de trois, bei dem Moritz Anthes die Akteure mit seinem Posaunenspiel über die Bühne hetzt.

Es findet aber nicht nur Interaktion mit den Objekten statt. Auch zwischen den Performern spielt sich einiges ab. Man merkt es an ihren Blicken, wenn sie wie Wächter auf Kistentürmen sitzen und sich gegenseitig beobachten, wenn sie Flaschen wie Heiligtümer von Hand zu Hand gehen lassen, wenn sie Flaschen wie Hunde Gassi führen oder mit ­ihnen Percussion machen.

Dramaturgisch ist das Ganze geschickt aufgebaut. Ruhige Passagen wechseln sich mit dynamischen ab, Stimmungen werden kunstvoll variiert und mit Livemusik verstärkt. Kurz vor Schluss kommt es sogar noch zu einer dramatischen Bierkisten-Erstbesteigung mit integriertem Lawinenabgang, bevor das Ganze dann in einer ordnenden Katharsis ausklingt.

Eine gelungene, ebenso originelle wie amüsante Performance.

Startseite