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Szenische Lesung: „Köstlich, Mustard!“ im Bühnenboden

Der Senf siegt über die Sprühsahne

Münster

Diesen Typ Detektiv kennt man: Hank Mustard, ein hartgesottener Bursche in der Erbfolge Philip Marlowes und Sam Spades, hat immer eine Kippe oder ein Glas Bourbon zur Hand. Er knurrt Sätze wie „Ich zückte meine Kanone und zielte auf Sakuzas sogenannte Visage“. Klar, dass so einen auch der durchgeknallteste Fall nicht aus der Fassung bringt.

Wolfgang A. Müller

Szenische Lesung (v.l.): Alban Renz, Mareike Fiege und Autor Shaun Fitzpatrick stellten „Hank Mustard“ vor. Foto: wam

Um eine horrend kostspielige Süßigkeit rankt sich die schräg überdrehte Geschichte von „Köstlich, Mustard!“, die Shaun Fitzpatrick zusammen mit Mareike Fiege und Alban Renz im Kleinen Bühnenboden vorstellte. Dabei stand nicht einer jener modischen kulinarischen Krimis mit Rezeptteil Pate, sondern eine Kurzgeschichte von Woody Allen mit dem Titel „Wie viel Trüffel braucht der Mensch“. Allens Idee einer Welt übergeschnappter Gourmets, die für eine einzige legendäre Praline Millionenbeträge zahlen, spann Fitzpatrick munter weiter – zu einer vergnüglichen Parodie auf und Hommage an die „Schwarze Serie“.

So trifft man in Hank Mustards naturtrübem, von einem schicken Soundtrack aus Cool Jazz, Soul und Exotika untermaltem Kosmos zahlreiche klassisch anmutende, aber ins Comic-haft überzeichnete Charaktere: Killer, die „das Gehirn mit Sprühsahne punktieren“, den verschlagenen Großkriminellen Nesquique Sakuza, der sein Hauptquartier im Stadtteil „Little Sweden“ aufgeschlagen hat, diverse dumpfe Knallchargen. Und natürlich eine „femme fatale“, die Mustard den zynischen Kopf verdreht.

Das detailfreudige Spiel mit den Klischees des Genres erschöpfte sich aber nicht nur in der Gestaltung von Witzfiguren. Deren Doppel-Spiel fügte das von langer gemeinsamer Arbeit beim Jungen Theater Cactus blendend eingespielte Trio eine pfiffige inszenatorische Note hinzu. Die Rollen bei dieser szenischen Lesung sind nämlich geschlechtskonträr besetzt: Fitzpatrick mimte im Abendkleid und mit gehobener Stimme die geheimnisvolle Auftraggeberin, Fiege gab einen wunderbar herb-männlichen Hank Mustard. Renz wedelte diabolisch mit der Sahnekartusche. Am Ende triumphierte der der Geschichte kräftig hinzugefügte Senf. Lecker!

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