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Hommage an nonkonformistische Frauen wie Winehouse

Die helle Leidenschaft

Münster

„Back To Black“ heißt einer der größten Hits von Amy Winehouse. Als die englische Sängerin sich 2011 im Alter von 27 Jahren zu Tode trank, schien die melancholische Soul-Nummer nachgerade wie ein Menetekel für ein tragisches Leben. Die in Bremen ansässige Schauspielerin Sissi Zängerle hat daraus „Meine Sonne ist schwarz“ gemacht.

Wolfgang A. Müller

Zängerle skizzierte die Soul-Diva Amy Winehouse. Foto: wam

„Back To Black“ heißt einer der größten Hits von Amy Winehouse. Als die englische Sängerin sich 2011 im Alter von 27 Jahren zu Tode trank, schien die melancholische Soul-Nummer nachgerade wie ein Menetekel für ein tragisches Leben. Die in Bremen ansässige Schauspielerin Sissi Zängerle hat daraus „Meine Sonne ist schwarz“ gemacht. Dem Titel konträr, wirft ihre Hommage an Winehouse ein helles Licht auf den Kern ihres Wirkens, der viele Menschen begeistert und inspiriert hat: die Leidenschaft.

Wer von Zängerle und dem Pianisten Dirk Rosenboom die Nachbildung einer Winehouse-Show erwartet hatte, wurde enttäuscht. Oder vielmehr angenehm verblüfft, denn der wogende Applaus im Kleinen Bühnenboden bewies, dass dieses auf rauchig-röhrende Stimmgewalt verzichtende, szenische Puzzle das Publikum bewegte. Die „Reise“ zu der Zängerle einlud, unternahm sie nicht nur trippelnden Schrittes in hochhackigen Pumps unter extravaganter „Beehive“-Frisur. „Die roten Schuhe“ von Hans Christian Andersen gehörten als packende Märchenstunde ebenso zum Gepäck.

Während die Schauspielerin coram publico die Maske anlegte und ihre blonden Haare unter mächtiger Perücke verschwanden, lief eine filmische Persiflage auf jene „Tribute“-Sendungen, in denen Prominente oder vermeintliche Fachleute ihre Sicht eines Pop-Phänomens schildern. Schon hier zeigten sich Zängerles facettenreiche Verwandlungskunst und der thematische Umriss des Abends. Eine Psychologin und eine Astrologin interpretierten Winehouse’ Wirken gesellschaftlich und spirituell; eine bügelnde Hausfrau tobte gegen deren zügellosen Charakter, und ein Teenie betrauerte den Tod des Idols: „Ach Menno, eine verwandte Seele weniger.“

Genau darum geht es, und solche sind in dieser Inszenierung stets dabei: Im Koffer Porträts von Virgina Woolf, Marilyn Monroe, Ingeborg Bachmann und Sylvia Plath knüpfte Zängerle raffiniert ein Band zu nonkonformistischen Frauen, gar zu mythologischen wie Persephone und Medea. „Böse Mädchen kommen in die Hölle“ (eine Cover-Version des Winehouse-Titels „Rehab“) evozierte zu gluggernder Orgel eine Winehouse, die trotzig Individualismus einfordert, auf Wolke Sieben schwebt und später düpiert mit einer in roter Farbe getränkten Rose auf die Leinwand schreibt: „Meine Sonne ist schwarz“. Ein künstlerisches Manifest.

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