Nagelneue Stücke und Klassiker der Avantgarde
Ein Wochenende der Entdeckungen
Münster
Zwei Konzerte mit vier Uraufführungen: das Klang-Zeit-Festival entwickelte sich am Freitag und Samstag zum konzentrierten Forum für Kompositionen, die das Licht der Neue-Musik-Szene eben erst erblickt haben. Mit Interpreten, die jahrzehntelang Erfahrung in Sachen zeitgenössischer Musik haben – oder wie die in Duisburg ansässige Formation „crush“ gerade mal drei Jahre zusammen spielen. Die aber fit wie ein Turnschuh sind, wenn es um die Darstellung luzider Klangbilder geht wie in „Persona“ von Hyelin Lee (Jahrgang 1994) oder um beredte Kommunikation zwischen akustischen Instrumenten und geräuschhaften Elektronik-Klängen wie in Lukas Tobiassens „gegenüber“. Hier wächst eine neue, junge Generation von Künstlern heran mit einem ausgesprochenen Faible für neues Terrain auf der Landkarte der Klänge und Töne. Bei denen war dann auch die Uraufführung von Peter Gahns „In the third space“ bestens aufgehoben: Musik, die ihre Inspiration aus gegenständlichen Kunstwerken sowie einer Performance auf der Biennale 2015 in Venedig bezieht.
„Crush“ repräsentiert – ebenso wie kurz zuvor das sensationelle Kölner „hand werk“ – die ziemlich bunte nordrhein-westfälische Szene. Aber dazu gehören auch die „alten Hasen“, was im Hinblick auf Annette Kleine und Camilla Hoitenga, auf Matias de Oliveira Pinto, Reinbert Evers und Clemens Rave keineswegs abschätzig gemeint ist. Im Gegenteil: Ihr zum Teil jahrzehntelanges Engagement für die Avantgarde hat dieselbe in Münster und darüber hinaus mächtig nach vorn gebracht!
Schön, dass Clemens Rave mit Klavierstücken von Bernd Alois Zimmermann („Bazi“) und Karlheinz Stockhausen den nach Neuem forschenden Pionieren Raum bot, dass Reinbert Evers mit Günther Beckers „Divertissement“ die Gitarre als instrumentale Protagonistin beispielsweise für bis dato „unerhörte“ Spieltechniken in Erinnerung rief. Und als Kollektiv widmete sich das Quintett uraufführend den „Sieben Strophen Heimat“ von Jörg-Peter Mittmann sowie der „Inneren Stimme“ von José Maria Sánchez-Verdú – jedes Stück für sich eine Entdeckung!
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