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20 Jahre Ausstellungen im Künstlerhaus an der Fresnostraße

Kunst mobilisiert und hält vital

Münster

Mit der Räumung der Lincoln–Kaserne durch die britischen Streitkräfte 1994/95 ergab sich eine Chance à la Schwerter zu Pflugscharen: Kunst statt Kanonen. Es gründete sich der Förderverein Aktuelle Kunst, der seit 1999 sein Ausstellungsprogramm im Atelier- und Ausstellungshaus, dem ehemaligen Kasino der Lincoln-Kaserne, zeigt. Anlass für eine große Ausstellung der 15 Atelierbesitzer, die sich zum Jubiläum 18 ehemalige Hausgenossen eingeladen haben – große Namen darunter wie Milo Köpp, Carsten Gliese oder Thomas Wrede, allesamt mittlerweile international unterwegs und Professoren an der Hochschule der Bildenden Künste Essen.

Gerhard H. Kock

Im FAK ist einiges los: Im Atelier von Bettina Dettmer und Willi Kramer darf beim Schaukeln gescheppert, geblubbert, gequiekt werden. Foto: Gerhard H. Kock

Auch in und nach den zwei Jahrzehnten ist das Künstlerhaus mit dem Türmchen äußerst vital und will es auch die Besucher werden lassen. Bettina Dettmer und Willi Kramer sorgen mit ihren dadaistisch komplexen Installationen stets für aktivierenden Kunstgenuss: diesmal in Schaukelstühlen. Der sitzende Nutzer erzeugt durch seinen Wankelmut Druck und Zug auf allerlei Geräuschemacher: Da blubbert es, da scheppert es, da jault die Quietscheente auf. Ein Spaß, der zugleich das Lauschen lehrt.

Bei Hyun Gyoung Kim müssen die Skulpturen schuften. Sie schickt einen Wurm und eine Bakterie auf die Yogamatte; da zeichnet sich bei ihren sonst fast armorphen Objekten sogar ein Sixpack ab. Gertrud Neuhaus nutzt den klassisch dunklen, feuchten Keller des Kasinos für eine Requisiten-Installation, in der die Fantasie jedes Besuchers das Stück schreibt und inszeniert. Alte Möbel, verfremdete Verpackungen, Schuhe mit Hygieneschutz-Überzug – detailfreudig werden Orte zu Szenen vieler Erzählwelten verwandelt.

Marion Niessing ist seit 20 Jahren in ihrem Atelier Fresnostraße und zeigt aus jedem Jahr eine Arbeit. Diese Werkschau ist faszinierend, weil plötzlich der erdige Charakter ihrer Landschaften offensichtlich wird. Und hier und da schwebt ein Stuhl, ein Blumentopf an der Wand.

Anke Gollub beschäftigt sich mit der ehemaligen DDR. In einem Daumenkino schwenkt sie Fähnchen, ein Würfel mit Spiegel-Innenleben lässt unbemerkt den Nachbarn ausspionieren, Hammer und Sichel im Lorbeerkranz sind an die Wand geklatscht.

Matthias Anders ist für seine Collagen bekannt; diesmal hängt in seinem Atelier aber zudem eine faszinierende Zeichnung, die zwar eine Collage als Motiv hat, aber vor allem durch die verblüffenden Effekte glänzt, die mit einem Bleistift zu erzielen sind – selbst aquarellig kann es werden.

Bei Georg Hartung blicken sich in zwei Reihen tönerne Charakter-Köpfe an, durchaus mal mit einem Hut oder Fisch auf dem Schädel. Monir Nikouzinat Monfared präsentiert ihre feinen, teils sensiblen Objekte aus Wachs und Federn. Und Martina Muck malt. Dabei ist sie für ihre stimmungsvollen Installationen, Fotografien und Zeichnungen bekannt. Aber die Künstler von der Fresnostraße sind eben auch nach 20 Jahren vital geblieben und suchen stets neue Wege.

Lisa Tschorn und Beate Körner laden am Freitag um 19.30 Uhr in ihre „Praxis Doktor Kunst“. Durch einen Anamnesebogen wird ermittelt, was dem Besucher fehlt, eine Diagnose gestellt und ein Mittel verschrieben: vorzugsweise Kunst aus dem Künstlerhaus. Um 21 Uhr wird eine Performance der „Antibody Corporation“ aus Chicago zu sehen sein.

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Die Ausstellung wird am Freitag (13. September) um 19 Uhr in der Fresnostraße 8 eröffnet. Die Öffnungszeiten sind am Samstag und Sonntag (14. und 15. September) von 15 bis 19 Uhr.

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