„My Body Is Your Body“ vom Kölner Overhead Project im Pumpenhaus
Man fühlt sich gemeint
Münster
Eine imaginäre vierte Wand trennt im Theater die Akteure von den Zuschauern. In der Aufführung des Kölner Overhead Projects scheint sie nicht mehr zu existieren.
Es sind Blicke, mit denen das Spiel beginnt. Forschende, kontrollierende Blicke, die die Protagonisten auf das Publikum werfen, während sie zwischen den beidseitig der Bühne angeordneten Zuschauerreihen auf und ab laufen. Man fühlt sich gemeint. Und beobachtet. Das ist am Anfang so und auch später, wenn der Schaulauf in einen Mix aus Tanz und Akrobatik übergeht. Was dieses Gefühl auslöst, ist nicht nur die unmittelbare Nähe zum Geschehen, sondern auch die Art, wie Mijin Kim, Francesco Germini und Maiol Pruna ihre Performance gestalten. Gefühlt gibt es hier keine Grenze zwischen Bühne und Zuschauer. Alles wird zu einem einzigen großen Aktionsraum.
An einen Spiegel zu denken, ist nicht falsch, beim Kölner Overhead Project, das am Wochenende mit „My Body Is Your Body“ im Pumpenhaus gastierte. Nicht nur das Publikum blickt durch die Anordnung der Zuschauerreihen wie in einen Spiegel, auch das Bühnengeschehen ist spiegelbildlich angeordnet. Am Anfang stehen einfache akrobatische Übungen wie Hand- und Schulterstände, die sich mit geschmeidigen Tanzfiguren vermischen und dabei immer mehr an Dynamik gewinnen. Im Mittelteil entwickelt sich das Ganze dann zu einem ebenso komplexen wie mitreißenden Spektakel, um sich zum Ende hin dann wieder in seine Einzelteile aufzulösen.
Der zyklische Ansatz wird auch bei der Kleidung deutlich. Erst agieren alle drei im Anzug, dann legen sie das Jackett ab, später Hemd und Bluse. Am Ende sind sie wieder vollständig bekleidet, und der Kreis hat sich geschlossen. Und wieder sind es die Blicke der Zuschauer, die von den Protagonisten kontrolliert und so in das Spiel einbezogen werden.
Es sind schöne Körper, die man zu sehen bekommt. Und nicht weniger faszinierend ist das, was sie machen. In einer der ästhetisch eindrucksvollsten Szenen bilden sie ein kompliziert verschlungenes Gebilde von zweifelhafter Statik, aus dem die Tänzerin dann plötzlich herauspurzelt und wie ein Derwisch über die Bühne fegt, sodass die ersten Reihen besser ihre Beine rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Mit „My Body Is Your Body“ ist dem Kölner Overhead Project ein interessantes Experiment gelungen. Zum einen, weil es Tanz und Akrobatik auf überzeugende Weise verbindet. Zum anderen aber auch, weil es den Zuschauer mitnimmt, indem es ihn zu einem Teil des künstlerischen Konzepts macht.
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