Aaseedichter am Werk
Manuskripte, die im Winde flattern
Münster
Auf den Aaseetreppen geht es beschaulich zu an diesem Sonntagnachmittag. Die meisten, die sich hier niedergelassen haben, schauen auf den See hinaus. Einige spielen an ihren Smartphones herum, andere haben ein Buch in der Hand. Wieder andere hantieren mit Manuskripten, die im Wind flattern. Das sind die Aaseedichter – eine Handvoll Leute, die sich hier getroffen haben, um coram publico Gedichte und Prosa zu Gehör zu bringen.
Den Anfang macht Claudia Ratering mit einer kurzen Reflexion über Wirkung und Wesen von Wörtern. Sie ist es auch, die die Veranstaltung neu belebt hat. Aus der Taufe gehoben wurde sie bereits vor vier Jahren von Herbert Beesen, der dann jedoch aus Münster wegzog. Heute ist er aber wieder da, als Gastleser gewissermaßen, mit Gedichten von Hermann Hesse und Inge Müller, der Frau des Dramatikers Heiner Müller. Es ist bei den Aaseedichtern nämlich keine Auflage, Selbstgeschriebenes zu lesen.
Und man muss sich für die Veranstaltung vorher auch nicht extra anmelden. Jeder im Publikum und auch jeder Passant, der gerade an den Aaseetreppen vorbeikommt, kann ans Mikrofon treten und etwas vortragen. Das machen dann auch welche. Einer von ihnen heißt Oliver und bedichtet einen Teich, was angesichts des Sees in seinem Rücken vielleicht etwas despektierlich klingt. Er bekommt aber trotzdem freundlichen Applaus – ebenso wie alle anderen, sich trauen, ihre Texte in dieser offenen Atmosphäre vorzutragen.
Herby Rüffer beispielsweise. Er war früher schon bei den Aaseedichtern und ist extra aus Essen angereist, um – frei nach Christian Morgensterns „Mondschaft“ – von einem „Klonschaf“ zu berichten und später dann von Männern, die ihren Weg gehen müssen. Karin Lohoff hingegen besinnt sich auf die alte Zeit und rezitiert Gedichte von Gottfried Keller, während Sonntagsspaziergänger hinter ihr vorbeiziehen und sich fragen, was die Frau da macht.
Damit man auch die leiserer Töne gut vernehmen kann, hat Claudia Ratering extra einen kleinen Verstärker besorgt und auf dem Gepäckträger ihres Rades montiert. Das mag die Münsteraner Regisseurin Paula Artkamp angelockt haben, die gerade am Aasee unterwegs war und spontan ein griechisches Lied zum Besten gibt. Ebenfalls zu einer Spontan-Darbietung hat sich Benedikt Kölsche hinreißen lassen, der in einem Mix aus Poetry Slam und Speakers Corner gegen Pegida und AfD andichtet und so der Veranstaltung eine politische Note hinzufügt.
Zum Thema
Als nächsten Vortragstermin haben die Aaseedichter bereits den 11. September um 15 Uhr ins Auge gefasst.
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