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Tänzer des Theaters von Olga Pona im Pumpenhaus

Paar-Beziehung als fragiles Gebilde

Münster

Das Stück beginnt als Pas de deux von bestechender Eleganz. Wie bei einer Maschine greifen alle Bewegungen mit großer Genauigkeit ineinander. Man denkt an ein eingespieltes Team, bei dem jeder seine Aufgabe erfüllt, ohne dabei seine Persönlichkeit aufzugeben. Wobei der Tänzerin eindeutig der agilere Teil zukommt. Beständig umkreist sie ihren Partner, hängt sich in seinen Arm und turnt um ihn herum. Einmal zieht sie ihm die Hose runter. Als er sich bückt, um sie wieder hochzuziehen, springt sie triumphierend auf seinen Rücken. Er nimmt es mit Gelassenheit und fordert sie gerade dadurch zu immer neuen Aktionen heraus.

Helmut Jasny

Als Metapher dient Tatiana und Artyom Sushchenko eine Wippe, auf der sie ihr Kräfteverhältnis ausbalancieren. Foto: Alexander Seledchik

Tatiana und Artyom Sushchenko sind nicht nur auf der Bühne ein Paar, sondern auch im Leben. Man kennt sie von Olga Ponas Chelyabinsk Contemporary Dance Theater, das regelmäßig im Pumpenhaus zu Gast ist. Am Wochenende stellten sie mit „Noun and Adjective“ eine eigene Choreografie vor. Das 40-minütige Stück thematisiert ihr Zusammenleben und erzeugt dabei ein Spannungsfeld, das von Gemeinsamkeiten und Gegensätzen gleichermaßen bestimmt ist.

Eine Beziehung, sei sie beruflicher oder privater Natur, ist eine fragile Angelegenheit. Als Metapher dient Tatiana und Artyom Sushchenko eine drehbare Wippe, auf der sie ihr Kräfteverhältnis ausbalancieren. Einmal sieht man ihn prächtig auf der Wippe stehen, während sie das Ding in Drehung versetzt. Später liegen beide auf dem Boden, und das Brett kreist wie das Rotorblatt eines Hubschraubers gefährlich nah über ihren eng umschlungenen Körpern. Am Ende schließlich wird das Gerät wieder zur harmlosen Wippe, mit den beiden Protagonisten als fröhlich spielenden Kindern darauf.

Weniger versöhnlich gestaltete sich der zweite Teil des Abend. In seinem Solo „Dandelions“ verarbeitet Dennis Chernishov seine Zeit als Fallschirmjäger beim russischen Militär. In Text und Tanz erzählt er von der Ausbildung in der Kaserne, vom rüden Umgangston, von Demütigungen durch die Vorgesetzten und von der Angst vor dem Sprung. Geduckte, nach innen gerichtete Figuren, die immer wieder von abgehackten Marschschritten unterbrochen werden, bestimmen das Vokabular und beschwören Situationen herauf, die dazu geführt haben, dass er „den Tänzer in sich verloren“ und nach seiner Militärzeit erst wieder habe finden müssen.

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