Cactus Junges Theater zeigt im Pumpenhaus „Der Garten“
Pantomimisch begleitetes Hörspiel
Münster
Wie lebensgroße Barbie-Puppen erscheinen sie auf der Bühne, jede bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, einige sogar noch in Zellophan verpackt. Vor ihren Füßen ein bunter Kleiderhaufen, in dem sie nach Individualität wühlen, während Stimmen aus den Lautsprechern über Stars und deren Schönheit diskutieren und darüber, ob man operativ nachhelfen soll. Um sie herum eine Kulisse aus Kunstrasen, Efeuranken und Landlust-Mobiliar, die genauso unwirklich wirkt wie die Schauspielerinnen, die sich marionettenhaft in ihr bewegen.
Mit „Der Garten“ hat das Cactus-Theater wieder ein rein weiblich besetztes Stück ins Pumpenhaus gebracht. Acht junge Darstellerinnen setzen sich mit sich und ihrer Identität auseinander und nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. Es geht um Selbstsicht und um Erwartungen, die von außen an sie gestellt werden. Wobei der Fokus auf Sexualität liegt und auf der daraus resultierenden Macht und Ohnmacht gegenüber dem anderen Geschlecht.
Ungewöhnlich ist der formale Ansatz, den die Regisseurinnen Sarah Giese und Mareike Fiege hier verfolgen. Denn das Stück kommt nicht als konventionelle Theateraufführung auf die Bühne, sondern als eine Art Hörspiel, das von den Schauspielerinnen pantomimisch begleitet wird. Rezeptionstechnisch ergeben sich aus diesem Nebeneinander von Text und Darstellung durchaus interessante Effekte, wenngleich die visuelle Umsetzung manchmal ein bisschen hinter dem zurückbleibt, was man aus den Lautsprechern zu hören bekommt. Das gilt zum Beispiel für die salopp kommentierte Lektüre eines Aufklärungsbuches, die von einer Schulklasse mit Lehrerin pantomimisch begleitet wird und bei der sich dann alle vor Lachen krümmen, wenn Freud über vaginale Orgasmen doziert. Hier bietet die akustische Ebene eindeutig mehr Komik und auch mehr Authentizität als die visuelle. Ähnliches gilt für eine Szene, in der sich mehrere Mädchen durch Pornoseiten klicken und das Gesehene kommentieren.
In anderen Situationen wiederum ergänzen sich die beiden Ebenen nicht nur, sondern steigern sich sogar noch gegenseitig in ihrer Wirkung. So erzählt eine Frau von einem übergriffigen Arbeitskollegen, den sie nicht in die Schranken verweist, weil sie ihn nicht bloßstellen will. Eindringlich stellt sie ihren inneren Konflikt und die daraus resultierende Selbstverachtung dar, während auf der Bühne eine Schauspielerin ihren Kopf immer wieder gegen eine Regentonne schlägt. Diese Szene gehört zu den Höhepunkten der 75-minütigen Aufführung und dürfte auch den Männern im Publikum einiges zu sagen haben.
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