Münster ehrt Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki, Uljana Wolf und Michael Zgodzay
Poesie-Preis für wortmächtige Dichtkunst
Münster
Das 22. Lyrikertreffen in Münster ist schon wieder Geschichte. Der polnische Dichter Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki (59) sollte zum Abschluss den Preis in Münsters Erbdrostenhof erhalten, doch der in Warschau lebende Preisträger musste passen und mit Corona-Infekt zu Hause bleiben. Dafür waren seine ebenfalls preisgekrönten Übersetzer, Uljana Wolf und Michael Zgodzay, zur Stelle.
Der polnische Dichter Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki (60) hatte zuletzt im Blick auf sein lyrisches Opus Glück und Pech zugleich. Bereits 2021 wurde ihm der „Preis der Stadt Münster für Internationale Poesie“ zuerkannt. Corona bremste das Treffen der Dichter und Denker vor einem Jahr allerdings aus. Am gestrigen Sonntag nun sollte der Dichter den Preis in Münsters Erbdrostenhof erhalten, doch der in Warschau lebende Preisträger musste passen und mit Corona-Infekt zu Hause bleiben. Dafür waren seine ebenfalls preisgekrönten Übersetzer, Uljana Wolf und Michael Zgodzay, zur Stelle und nahmen Urkunde und Preisgeld in Höhe von 15 500 Euro entgegen, das zur Hälfte Tkaczyszyn-Dycki zukommt.
Ausgezeichnet wurde der Gedichtband „Norwids Geliebte“. In den atmosphärisch anrührenden Versen und Gedichten des Preisträgers kehren Erinnerungsbilder an die Herkunft des Dichters und an seine Familiengeschichte und Schicksalsschläge wieder. Mit großer Wortkunst und melancholischer Untermalung verarbeitet Tkaczyszyn-Dycki darin Themen wie Tod, Eros und Krankheit. Das alles mit einer „Wortmacht“, die ihn für die Jury zum „literarischen Solitär“ werden lässt.
Seine Gedichte, so die Jury, suchten unablässig „nach dem genuinen Wesen von Poesie“: „Ihre Poetik ist ihnen wie zur fortwährenden Selbstvergewisserung und Selbstbefragung eingewebt.“ Die lyrische Klangfarbe werde auch in der Übersetzung von Uljana Wolf und Michael Zgodzay verlustlos und sprachsicher „ans deutsche Ufer“ getragen.
Laudatorin Dagmara Kraus, 1981 in Breslau geboren und mit dem Opus des Preisträgers bestens vertraut, führte die rund 70 Gäste im Erbdrostenhof in die Kindheits- und Jugendjahre des Preisträgers zurück und öffnete dabei die so grenzüberschreitende Melange der Sprachen vom Polnischen über das Ukrainische bis zum Russischen und Weißrussischen, die Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki als Aufwachsender erlebte. Zugleich wurde seine heimatliche Welt im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet mit dem heimeligen Garten und den süßen Baumfrüchten durch die Laudatorin virtuos aufgeschlossen. Dort suche der Dichter auch heute noch „Zuflucht“, wenn die harte Welt der Gegenwart die Lyrik zu ersticken drohe, so die Laudatorin.
Das 22. Lyrikertreffen in Münster, in der Welt der Dichter und Denker als markantes Meeting bekannt, verzeichnete in diesem Jahr neue Ansätze. Erstmals standen Aurélie Maurin und Ulf Stolterfoht als neue Doppelspitze in der Verantwortung. Erstmals war auch das Traditionskino „Schlosstheater“ Veranstaltungsort. Der bisherige Tagungs- und Lesungsort im Theater Münster dürfte aber dank einer dann hoffentlich entzerrten Corona-Lage 2024 wieder in den Blick kommen.
Freuen durfte sich das Publikum über die Uraufführung des Klangkunstwerks „Mönster“ von Lyriker Norbert Lange und Komponist Martin Schüttler, eine Auftragsarbeit für das Lyrikertreffen. „Solche interdisziplinären Zusammenarbeiten sollen künftig zu einem festen Bestandteil des Lyrikertreffens werden“, betonen Aurélie Maurin und Ulf Stolterfoht.
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