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Das Wolfgang-Borchert-Theater stellt seinen neuen Spielplan vor

Politische Themen statt Pandemie

Münster

Beschränkungen durch Corona sind für das Wolfgang-Borchert-Theater kein Grund, sich zaghaft in die nächste Saison zu tasten. Intendant Meinhard Zanger hat viele brisante Themen im Spielplan – aber auch Humor und Märchenhaftes.

Harald Suerland

Intendant Meinhard Zanger und Dramaturg Frederik Iven widmen sich politischen Themen. Foto: Wolfgang-Borchert-Theater

Eigentlich könnte Meinhard Zanger jetzt wieder 100 Zuschauer ins Theater lassen. Denn die neuen Verordnungen gestatten es Häusern mit bis zu 100 Plätzen, auf die bisherigen Abstandsregelungen zu verzichten. Also könnte sich der Intendant des Wolfgang-Borchert-Theaters beim Kartenangebot auf diese Anzahl beschränken und hätte von heut’ auf morgen ein zu zwei Dritteln volles Haus. Eigentlich . . .

„Hier im Foyer gelten die Abstandsregelungen aber noch“, erklärt Zanger bei der Präsentation des neuen Spielplans. Hätte man eine Außengastronomie, würde das funktionieren. Deshalb hofft die Theaterleitung jetzt auf den entsprechenden Termin mit dem Ordnungsamt – und plant momentan noch weiterhin mit 32 Zuschauern pro Vorstellung sowohl in den letzten beiden Wochen der wieder angelaufenen Spielzeit als auch zum Auftakt der nächsten Saison.

Die beginnt Ende August und widmet sich zunächst den Frauen – allerdings mit sehr unterschiedlichen Themen. Der italienische Komödienautor Dario Fo lässt in seinem Stück „Bezahlt wird nicht!“ nämlich die Frauen eines Wohngebiets im Supermarkt eine spezielle Art des Aufstand wählen – für Zanger das „Stück der Stunde“, wenn man an politische Entwicklungen wie die Plünderungen in den USA denkt. Völlig anders das zweite Werk der Spielzeit im September dieses Jahres: In der „Frauensache“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz geht es um das Thema Abtreibung, um die Auseinandersetzung zweier Gynäkologinnen und deren auch politische Motivation. Das Auftragswerk des Badischen Staatstheaters wird vom Borchert-Theater als erstem Haus des Landes nachgespielt. Und auf der Bühne stehen und agieren sechs Frauen.

„Der Spielplan ist entstanden, als die Corona-Krise schon begonnen hatte, es ist aber kein Corona-Spielplan“, stellt Meinhard Zanger klar. Was man auch daran erkennen mag, dass er selbst nach der „Frauensache“ noch zwei weitere politische Stücke inszenieren wird, die wichtige Themen jenseits der Pandemie verhandeln: In Ferdinand von Schirachs „Gott“ geht es um Selbsttötung und Sterbehilfe, in Daniel Kehlmanns „Heilig Abend“ um eine Frau, die von einem Polizisten als mögliche Attentäterin verhört wird. Dass laut Kehlmann „eine Uhr“ mitspielt, verweist auf die gute alte Spannungsdramaturgie der „Ticking Bomb“.

Einmal muss angesichts des neuen Spielplans aber doch von Corona die Rede sein. Nein, nicht bei „Monsieur Ibrahim“, mit dem das Theater Mitte November nach langer Zeit wieder mal Éric-Emmanuel Schmitt auf die Bühne bringt; auch nicht beim Klassenzimmerstück über Cyber-Mobbing, das im Februar herauskommt. Sondern beim „Sandmann“ nach E.T.A. Hoffmanns Erzählung. Chefdramaturgin Tanja Weidner hat mit Luisa Guarro eine Bühnenversion geschaffen, die die italienische Theaterzauberin auf die westfälische Bühne bringt. Und weil während des Corona-Shutdowns kein ProbenPendeln über europäische Grenzen hinweg möglich war, musste das faszinierende Märchenwerk vom ursprünglich geplanten Eröffnungstermin auf den Dezember weichen.

Apropos Europäisches Theater: Dessen geplantes und bereits verschobenes Festival wird nicht stattfinden können, gab Zanger bekannt: Zu der Freude über zugesagte Förderungen von Stadt Münster und Sparkassenstiftung gesellt sich nämlich das Bedauern über Absagen von Landes-Institutionen. Man darf vermuten, dass Corona hier seine Wirkung hinterlassen hat.

Die genauen Premierentermine hängen davon ab, mit welcher Anzahl von Zuschauern und wie oft die Vorstellungen der kommenden Saison gespielt werden können. Entsprechende Informationen will das Theater rechtzeitig bekanntgeben.

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