Am Freitag feiert der „Black Rider“ des Borchert-Theaters in Münsters Hafen Premiere
Schaurig-schönes Sommernachtsstück
Münster
Das Wolfgang-Borchert-Theater zieht wieder vor die eigene Haustür auf die Bühne im Hafenbecken. Mit dem Stück „Black Rider“ wird ein ebenso musikalisches wie feuriges und wässriges Spektakel geboten.
Wie, kein Shakespeare? Wenn Münsters Wolfgang-Borchert-Theater seine klassische Spielstätte verlässt, um unter freiem Himmel Bühnenzauber zu entfachen, steht für gewöhnlich der König aller Dramatiker auf dem Programm. Für gewöhnlich heißt in diesem Fall: zwei Mal bisher. Im Premierenjahr 2012 entstand jener „Sommernachtstraum“ im Gasometer, der dann zum schwärmerisch beschworenen Erinnerungsstoff wurde: „Wollen Sie das nicht wiederholen, Herr Zanger?“ Leichter gefragt als umgesetzt, doch Intendant und Regisseur Meinhard Zanger wollte. So brachte sein Haus 2018 direkt an der schönen neuen Spielstätte im Hafen Shakespeares „Sturm“ heraus: Bei der Premiere wurde damals auch das Wetter dem Titel gerecht. Was dem abermaligen Erfolg aber keinen Abbruch tat.
Und nun? Kein Shakespeare, sondern ein Autor namens William S. Burroughs, amerikanischer Beat-Poet, dessen Kumpel Tom Waits die Songs für seinen „Black Rider“ schrieb. Eigentlicher Drahtzieher für das Projekt indes war Robert Wilson, ein Bühnenmagier der feinen Art, dessen ritualisierte Schauspiel-Ästhetik in kunstvoll ausgeleuchteten Bühnen-Arrangements stattfindet. Er war auf den Stoff gestoßen, den einst schon der deutsche Komponisten Carl Maria von Weber für seine romantische Oper „Der Freischütz“ verwendet hatte.
„Die Schauspieler hatten mich darauf gebracht, mal wieder etwas mit Musik und Gesang zu machen“, erzählt Meinhard Zanger. „Und da ich ein alter Tom-Waits-Fan bin, kamen wir auf den ,Black Rider‘. Es ist ja auch eine geradezu shakespearsche Geschichte, wie da der arme Wilhelm das Schießen lernen soll, um sein Käthchen heiraten zu dürfen. ,Die Welt wird irr‘, heißt es ja schon im ,Sommernachtstraum‘.“
Freischütz-Fans wissen es: Der Held sucht Hilfe bei einem dämonischen Kumpan und bekommt nachts in der Wolfsschlucht Zauberkugeln – weshalb das moderne Stück im Untertitel „The Casting of the Magic Bullets“ heißt. Ein Blick auf den Besetzungszettel verrät allerdings, dass der Teufel in diesem Sommernachts-Albtraum eine Frau ist – eine Reminiszenz an die Heldin Prospera im „Sturm“ des Borchert-Theaters? „Es liegt vor allem daran, dass Ivana Langmajer eine so wundervolle Sängerin ist“, schwärmt Meinhard Zanger, „ich finde, das ist die Rolle ihres Lebens!“ Natürlich hätte sich auch Florian Bender als diabolischer „Stelzfuß“ angeboten – aber der spielt ja nun den Wilhelm.
Eine kleine szenische Reminiszenz an den „Sturm“ im Hafenbecken hat der Regisseur aber auch in petto: „Jemand fällt ins Wasser, und der Jet-Ski kommt erneut zum Einsatz.“ Man ahnt bereits, dass Meinhard Zanger keinen „Theatergottesdienst“ zelebrieren wird, wie er in Anspielung auf die Theaterrituale des Stück-Initiators Robert Wilson sagt. Dezent gestrafft, bleibt die Spielzeit des ab 20.30 Uhr ohne Pause präsentierten „Black Rider“ auch unter zwei Stunden. Und so schaurig-schön es mit den tollen Songs von Tom Waits gewiss ist, so witzig soll es auch werden: „Das ist ja eine Parodie auf den ,Freischütz‘!“
Aufführungen bis zum 10. Juli. Kartenverkauf Mo bis Fr von 10-13 und 14-18 Uhr im Wolfgang-Borchert-Theater, unter
0251 / 400 19 sowie im Online-Ticketshop
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