Turrinis Weihnachtsmärchen für Erwachsene „Josef und Maria“ im Bühnenboden
Selbst späte Liebe ist im Sortiment
Münster
Peter Turrinis „Josef und Maria“ wurde 1980 in Wien uraufgeführt, 1998 aktualisiert und hatte jetzt unter der Regie von Konrad Haller im Kleinen Bühnenboden Premiere. Mit Johanna Albrecht-Wandelt und Tönne Drees stehen zwei Schauspieler auf der Bühne, die ihre Rollen mit feinem Gespür für Zwischentöne angehen.
In der Kulisse eines großen Kaufhauses treffen sie aufeinander – Josef, der Wachmann, und Maria, die Putzfrau. Und wie Josef und Maria aus der Bibel sind sie Unbehauste. Vielleicht nicht im wörtlichen Sinn, aber auf einer symbolischen Ebene. Denn mit beiden hat es das Leben nicht gut gemeint. Jetzt sind sie alt und abgehängt – ausgespuckt von einer Gesellschaft, die den Wert des Menschen nach seiner Verwertbarkeit misst.
Peter Turrinis „Josef und Maria“ wurde 1980 in Wien uraufgeführt, 1998 aktualisiert und hatte jetzt unter der Regie von Konrad Haller im Kleinen Bühnenboden Premiere. Mit Johanna Albrecht-Wandelt und Tönne Drees stehen zwei Schauspieler auf der Bühne, die ihre Rollen mit feinem Gespür für Zwischentöne angehen. Man nimmt Josef und Maria die Bitterkeit ab, die ihr Leben heute bestimmt. Aber auch die besseren Zeiten, die Hoffnungen, die sie in ihrer Jugend hatten und die sie bei ihrer Begegnung noch einmal aufleben lassen.
Wenn Josef, Freigeist und glühender Kämpfer für den Sozialismus, seine Parolen von früher noch einmal verkündet, hat das eine gewisse Komik. Noch mehr, wenn er über die Lautsprecheranlage des Kaufhauses die Internationale schmettert. Dasselbe gilt für Maria, die den Erinnerung an ihre Zeit als Varieté-Tänzerin nachhängt und dabei mit dem Schrubber eine kesse Sohle aufs Parkett legt. Gleichzeitig drückt sich darin aber auch eine Wehmut aus über eine Welt, in der für Idealismus wie den ihren kein Platz mehr ist.
Bis hierher könnte man das Stück als kritische Bestandsaufnahme rezipieren. Aber Turrini meint es gut mit seinen Protagonisten und schenkt ihnen Erlösung in Form einer späten Liebe. Das mag gar zu romantisch klingen, wirkt aber durch die Behutsamkeit, mit der die beiden Darsteller sie entstehen lassen, durchaus glaubhaft. Eine zaghaft entblößte Schulter spielt dabei eine Rolle, ein hingebungsvoll getanzter Tango und schließlich ein Hut, wie Humphrey Bogart in „Casablanca“ einen trug – man befindet sich schließlich in einem Kaufhaus, da ist an Requisiten kein Mangel. Sogar Bettwäsche findet sich im Sortiment.
Aber an dieser Stelle hat die Technik schon dezent von Scheinwerfern auf Taschenlampen umgeschaltet.
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