Namensdebatte über die Uni Münster
Neue Bewertung des „Westfälischen“ – Zwischen Verzwergung und „Wumms“
Münster
Die Namensdebatte über die „Westfälische Wilhelms-Universität Münster“ ist in vollem Gange. Die Alma Mater in Münster will den „Wilhelm“ streichen. Was aber ist mit dem vor über 100 Jahren grundgelegten Anspruch, eine Universität für Westfalen zu sein?
„Namen sind Nachrichten“, sagen Journalisten. Gemeint ist, dass Menschen sich für Menschen interessieren. „Namen sind Schall und Rauch“, sagt der Volksmund. Was so pauschal nicht stimmt! Namen bezeichnen Menschen, Dinge, Institutionen. Sie benennen Inhalte und Ziele.
Die jüngste Debatte über die Westfälische Wilhelms-Universität Münster, die künftig „Universität Münster“ heißen soll, zeigt, dass Menschen sich über Namen Gedanken machen. Wilhelm zwo, der Kaiser, Kriegs- und Kolonialherr, der Münsters Akademie 1902 zur Universität erhob, soll nun aus dem Namenszug verschwinden. Darüber besteht weitgehend Konsens. Was Menschen mit Bezug zur Universität umtreibt, ist allerdings diese Frage: Warum soll das Wort „Westfälische“ weg?
Anspruch einer Landesuniversität
Wie der Historiker Dr. Bernd Haunfelder schon 2020 in seinem Standardwerk „Die Rektoren, Kuratoren und Kanzler der Universität Münster 1826-2016“ ausführte, sollte sich der Name 1902 an die Bezeichnung der „Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität“ in Bonn anlehnen: In dem westfälischen Verweis habe sich zugleich, ohne zunächst groß beachtet zu werden, das Bewusstsein für den Status einer Landes-Universität gezeigt, wie es auch der Rechtswissenschaftler Heinrich Erman in seiner 1909 erschienenen Schrift „Von der Münsterschen zur Westfälischen Universität“ angedeutet hatte. Münster zielte darauf ab, wie Haunfelder betont, als Hauptstadt Westfalens anerkannt zu werden.
Die Kämpfe des „LWL“
Was „Westfalen“ und „Westfälisch“ bedeuten, darüber zerbrechen sich Münster und das Münsterland seit vielen Jahren den Kopf. Erinnert sei an den Selbsterhaltungswillen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) mit Sitz in Münster. Der Kommunalverband in Tradition des früheren preußisch-westfälischen Provinzialverbands geriet unter den Ministerpräsidenten nach der Ära Rau in die Defensive, als eine Verwaltungsstruktur für NRW am Horizont stand. Mit Aufgabe der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe und einer Trias aus drei großen Regierungsbezirken Westfalen, Ruhrgebiet und Rheinland.
Bei den Landschaftsverbänden ging man mittels „Marketing“ an die Arbeit und hämmerte das Kürzel „LWL“ an alle Ämter und Stuben sowie in die Köpfe. Überall, wo Landschaftsverband drin war, sollte auch „LWL“ draufstehen. Zentrale Aussage: „Wir sind unverzichtbar.“ Aus dem Landesdirektor wurde der LWL-Direktor. Aus dem Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte wurde das „LWL-Museum für Kunst und Kultur“. Kulturfreunde haben diese Ver(w)irrung oft beklagt. Die ganze Kampagne glich einer „Selbstverzwergung“. Die eigentlich zentrale Marke „Westfalen“ verschwand.
Theater Münster als positives Beispiel
Wie treffend eine Namensänderung sein kann, zeigte Generalintendant Dr. Ulrich Peters, der 2012 aus den „Städtischen Bühnen Münster“ das „Theater Münster“ formte. Das klang und klingt plausibel. Peters wollte nicht, dass man bei „Städtische Bühnen“ zunächst an Verwaltungskram denkt.
Manche Namen im Kulturbetrieb klingen schräg. Für den internationalen Gebrauch wird das hippe und genderbewusste „Center for Literature“ auf Burg Hülshoff den passenden Namen vorweisen. Doch wenn der Westfale „Sänta for Litratscha“ sagt, klingt das eher kryptisch und knöchern.
In Münster ist die Debatte um den Hindenburgplatz noch im Gedächtnis. Daraus wurde der Schlossplatz. In Ordnung. Aber die Tilgung geschichtlich belasteter Namens geht ja vielerorts weiter. Mittlerweile spricht die noble „Neue Zürcher Zeitung“ im Blick auf manche Grünen-Politiker und deren Sicht auf Preußen oder den Namen Bismarck von einem „historischen Waschzwang“.
„Westfälische Universität Münster“
Sodann landen wir wieder bei unserer alten „Alma Mater“, der „Westfälischen Wilhelms-Universität Münster“. Den „Willi“ wird heute wohl niemand mehr vermissen. Wer mit Westfalen lediglich Kiepenkerl, Knabbeln und Töttchen verbindet, wird beim Wegfall dieses Namensbestandteils vermutlich ebenfalls wenig Bauchweh verspüren. Wer in Westfalen allerdings eine spannende Kulturlandschaft sieht, dürfte ein Interesse daran haben, dass die Universität ähnlich wie das Landesmuseum über Ausstrahlung, Ansehen und Klang in der gesamten Region verfügt.
„Westfälische Universität Münster“, das wäre also ein stimmiger Dreiklang und ließe sich nach „WWU“ mit „WUMS“ auch prächtig abkürzen. Zumal „Wumms“ und „Doppel-Wumms“ in diesen Zeiten offenbar sehr beliebt sind...
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