Alice Mortsch inszeniert Krimikomödie „8 Frauen“ im Kleinen Bühnenboden
Unterhaltung vom Feinsten
Münster
Acht Frauen versammeln sich in der Halle eines mondänen Landhauses. Nur der Hausherr fehlt. Plötzlich ein Schrei. Der einzige Mann im Haus ist tot, hat ein Messer im Rücken. Die Telefonschnur zerschnitten, die Zündkabel des Autos herausgerissen, die Wachhunde betäubt: Für die Frauen gibt es kein Entrinnen und alsbald die Erkenntnis, eine von ihnen muss die Mörderin sein.
Regisseurin Alice Mortsch inszeniert den Krimi-Klassiker „8 Frauen“ von Robert Thomas neu: mit sprachlichem Biss, Mut zur absurden Komik, prägnanten Symbolszenen, knackigem Timing (in spannenden 75 Minuten) und einem stimmigen 50er-Jahre-Bühnenbild von Hanna Schneider.
Am Wochenende war Premiere im Kammertheater „Der Kleine Bühnenboden“. Das Geschehen findet fast nur in der (im Laufe der Zeit klaustrophobisch wirkenden) Halle des Hauses statt, mit „Röhrender Hirsch“-Gemälde an der Wand. Clever der Regie-Einfall, die sich als Ermittlerin aufspielende Tochter Suzon (Anna Jahnsen) bei ihren Verhören mitten unter die Zuschauer zu mischen, denn die rätseln ja auch, wer denn nun die Mörderin ist.
Die acht Frauen, um keinen Ausrede verlegen, bezichtigen sich gegenseitig so fein und gemein, dass Hass und Missgunst die bürgerliche Fassade zerstören und für ein überraschendes Ende voller schmutziger Enthüllungen sorgen.
Mortsch hat ein faszinierendes (Kammerspiel-)Ensemble zusammengestellt, dass mit überzogen schräger Mimik sowohl das Chaplineske der Stummfilmzeit als auch das Künstliche der TV-Seifenopern beherrscht. Dazu baut Mortsch typische Cliffhanger mit bedeutungsschwangerer Musik (Sound: Dennis Welpelo) und eingefrorenem Szenenbild ein.
Der Spagat zwischen Krimigaudi und Gesellschaftsgroteske gelingt gut, auch weil die Darstellerinnen ihre Wortgefechte und ihre mit Hinterlist ausgelegten falschen Fährten authentisch präsentieren. Aus dem Ensemble ragen vor allem Ruth Koch als neurotisch-implodierende Tante Augustine, Annette Walbaum als unterkühlt-kalkulierende Ehefrau Gaby, Hanna Schneider als laszives Dienstmädchen Louise im „RockyHorror“-Look und Beate Trautner als gutherzige, aber spielsüchtige Haushälterin Chanel heraus. Auch wer den gleichnamigen Kinofilm von François Ozon kennt, sollte unbedingt die Bühnenboden-Version besuchen. Minutenlanger Applaus für Unterhaltung vom Feinsten.
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Die nächsten Aufführungen: Donnerstag und Samstag (16. und 18. April) um 20.30 Uhr im Kleinen Bühnenboden, Schillerstraße 48a. Karten: ✆661759 www.derkleinebuehnenboden.de
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