Jahresvorstellung Tanzschule Heidi Sievert im Großen Haus
Von Ameisenformationen zu Athletengesten
Münster
Bei der Bühnen-Präsentation „Was wir sind und was wir werden“ der Tanzschule Heidi Sievert im Großen Haus schienen deren Förderklassen jugendlichen Idealen entgegenzutanzen. Eindrücke eines beeindruckenden Abends im Theater Münster.
Und immer leuchtete der Horizont: ein schmaler Lichtstreifen auf der Leinwand im Bühnenhintergrund, je nach Farbe wie glühendes Morgenrot, eine strahlende Waldlichtung, ein blitzendes Meerblau. Im Abend „Was wir sind und was wir werden“ der Tanzschule Heidi Sievert im Großen Haus schienen deren Förderklassen jugendlichen Idealen entgegen zu tanzen. Von den Kleinsten über Kleine und Größere zu den (fast schon) Großen schienen alle vom Tanzen beseelt: „Wenn ich tanze, bin ich glücklich“, oder unbekümmerter: „Im Winter ist Reiten zu kalt …“
Tänzerische Früherziehung, altersdifferenzierte Förderklassen, Tanzprojekte alter Klassen und klassische wie moderne Choreografien nach diversen Musikstilen standen auf dem Programm. In ihre Begrüßung hatten Petra Wiegert und Svenja Gasche auf die von der Corona-Pandemie provozierten aufführungsfreien Zeiten verwiesen: „Das hat uns viel abverlangt. Es gab viel Zoom-Unterricht und Tanzvideos.“ Letztere demonstrierten in Turnhallen und Sälen die stillen Stunden auch mancher Dozentinnen, während Nona Siepmanns versunken-aufrührerisches Abstractum-Solo „Amorange“ – Amor (Liebe) und die Farbe Orange – die in sich verschlungene Vielfalt des Körpers als Ausdruck innerster Wünsche ausspielte. Die pastorale Gruppenchoreographie „Frischluft“ ließ die Leichtigkeit des Tanzbodens als vertrautes Element erlebbar werden: als könnte noch der leichteste Luftzug sanften Pustens ihm Flügel verleihen.
Der Abend bewies: Jedes „Live“-Erlebnis ist unersetzlich. Von Beginn an zog sich die Programmatik künstlerischer Entwicklung als roter Faden durch spektakulär wie lyrisch inspirierte Tanzszenen. Der Aufteilung von „Klassisch“ und „Modern“ gab bald die Ankündigung einer jungen Ballerina amüsierten Auftrieb: „Wir tanzen das erste Mal in Tutus!“. Akkuratesse, strenge Formen, beherrschte Figuren und graziöse Schrittfolgen waren Trumpf, kreierte der klassische Duktus seine von sanfter Strenge beherrschte (Märchen-)Welt. Manchmal fluteten Kinder und Jugendliche wie Ameisenformationen derart die Bühne, dass ein labyrinthisches Geflecht mit komplexen Stau- und Auflösungswegen sich wie über zufällige Rinnsale wieder auflöste. Den modernen Tanz lenkte eine (Gebrauchs-)Musik, deren rhythmisch dominierter Impetus eine Athletenästhetik inspirierte, deren präzise Motorik den Tanzeleven absolute Körperkontrolle und perfekte Ensemble-Synchronität abverlangte.
Der gelöste Gestus wohnte jedem (!) Tanz inne. Die „normale“ Biografie ist davon nicht bedroht, wie eine junge Dame bekannte: „Ich spiele auch Fußball!“. Begeisterung.
Startseite