Freies Musical Ensemble zeigt deutsche Erstaufführung von „Parade“
Zuschauer werden selbst zu Tätern
Münster
Gruppenzwang, Lynchjustiz und Antisemitismus gehören zu den Themen, die in der für gewöhnlich schillernd bunten Musical-Welt selten zu finden sind. Doch auch solch ernste Inhalte passen auf eine Musical-Bühne – erst recht, wenn es sich um eine wahre Geschichte handelt. Das Freie Musical Ensemble Münster (FME) spielt ab November den Broadway-Klassiker „Parade“ – als deutsche Erstaufführung.
Das Stück aus der Feder von Alfred Uhry erzählt die Geschichte des jüdischen Fabrikbesitzers Leo Frank, der 1913 im amerikanischen Bundesstaat Georgia – obwohl unschuldig – der Ermordung seiner 13-jährigen Angestellten Mary Phagan für schuldig befunden und zum Tode verurteilt wurde. Kurze Zeit nach seiner Verurteilung tauchten entlastende Hinweise auf, aufgrund derer der Gouverneur von Georgia sein Todesurteil in lebenslange Haft umwandelte. Doch Leo Frank wurde von einer Gruppe aufgebrachter Bürger erhängt.
Ingo Budweg
Das FME setzt mit „Parade“ ein besonderes Zeichen: Mehr als 100 Darsteller, Musiker, Techniker und Co. proben tage- und nächtelang, nähen Kostüme, streichen Kulissen und basteln gar einen lebensgroßen Baum für das Bühnenbild – und das, obwohl das Ensemble bereits vor drei Jahren monatelange Arbeit in das Stück investierte und einen herben Rückschlag kassierte. Denn das Jahrhundertunwetter 2014 hatte mit dem Konzertsaal der Waldorfschule die Bühne des FME zerstört, sodass die erste geplante Inszenierung von „Parade“ buchstäblich ins Wasser fiel.
"Besondere Geschichte und facettenreiche Musik"
„Das Stück damals abzusetzen war eine sehr schwierige Entscheidung“, erinnert sich Gesamtleiter Ingo Budweg: „Wir hatten immer vor, ‚Parade‘ wieder auf die Bühne zu bringen. Die Geschichte ist zu besonders, die Musik zu facettenreich. Ein solches Musical darf nicht einfach in einer Schublade liegen bleiben.“
Nach dem Vorjahreserfolg des Stückes „Imagine This“ nimmt das FME nun erneut „Parade“ auf, um mit einer ernsthaften Thematik zu überzeugen. Während das letzte Projekt die Zuschauer eindrucksvoll in die Perspektive der Juden im Holocaust entführte, zeigt „Parade“ auf beklemmende Art und Weise, wie sich Menschen unter Druck verändern und manipulieren lassen und wie dadurch das Schicksal Einzelner beeinflusst wird.
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Unterstützt von der facettenreichen Musik von Jason Robert Brown wird der Betrachter im Handumdrehen selbst Teil der Geschichte. Und zwar auf Seiten der aufgebrachten Bürger, deren Sensationslust den eigentlich unschuldigen Leo Frank letztendlich am Strick baumeln lässt. „Parade“ ist ein Stück mit Tiefgang, das den Zuschauer durch seine Aktualität auch nach dem letzten Vorhang noch beschäftigen soll.
Laien bringen Professionelles auf die Bühne
Etwas Besonderes wird die Produktion des FME vor allem durch das Herzblut, mit dem sich jeder einzelne Darsteller engagiert. Es sind Laien, die Professionelles auf die Bühne bringen. „Nur wenige Gruppen schaffen es, auch nachdenkliche und kritische Themen so bewegend und publikumsnah darzustellen“, betont Bernd Theilig, Vorsitzender der Stiftung der Sparkasse Münsterland Ost, die das Projekt des FME unterstützt.
Tickets und Infos
Die Premiere von „Parade“ ist am Freitag (10. November) um 19.30 Uhr im Waldorf-Konzertsaal, Rudolf-Steiner-Weg 11. Elf weitere Aufführungen folgen. Karten (28 / 23 Euro) bei Münster-Marketing, Klemensstraße 10 (Telefon: 492 27 10), oder online.
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