Martina Wagner-Egelhaaf
Literatur-Expertin erklärt Hass auf Salman Rushdie
Münster
Die Literaturwissenschaftlerin Martina Wagner-Egelhaaf beschäftigt sich schon lange mit Salman Rushdie und erklärt, woher der Hass auf ihn und sein Werk „Die satanischen Verse“ kommt.
Der lebensbedrohliche Angriff auf den britischen Autor Salman Rushdie zeigt für die Literaturwissenschaftlerin Martina Wagner-Egelhaaf, wie gefährlich es sei, wenn Gesellschaften nicht zwischen Religion und Literatur differenzieren würden. „Es ist eine unerlässliche gesellschaftliche Errungenschaft, dass literarische und auch wissenschaftliche Texte nicht als religiöse Texte gelesen und beurteilt werden“, so die Wissenschaftlerin vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster.
Wagner-Egelhaaf hat laut einer Mitteilung der Universität am Forschungsverbund das Verhältnis von Autor, Werk und Welt auch am Beispiel von Salman Rushdie erforscht und befasst sich aktuell mit Hass in der Literatur und Hass, der durch Literatur entsteht.
Hochkomplexes literarisches Werk
„Die ‚Satanischen Verse‘ sind ein hochkomplexes literarisches Werk, das in keiner Weise – wie bis heute noch von Rushdies Feinden behauptet wird – eine platte Beleidigung von Religion oder Hetze gegen Muslime darstellt“, sagt die Literaturwissenschaftlerin. Man müsse den postmodernen Roman von 1988 in seiner Vielstimmigkeit, Widersprüchlichkeit und Ironie würdigen. Klar sei aber auch: „Wenn religiöse Fanatiker, unterstützt durch den iranischen Staat, gegen ein literarisches Werk hetzen, als anstößig empfundene Passagen kontextlos zusammenstellen und bis heute eine Drohkulisse mobilisieren, sind Literatur, Literaturwissenschaft und -kritik machtlos.“
In der Literatur würden auch politische und religiöse Themen verhandelt, sie müsse Kritik, durchaus auch in provozierender Weise, üben dürfen, so Wagner-Egelhaaf. „Während aber Religion, Politik und Literatur im ‚globalen Norden‘ weitgehend differenzierte Systeme darstellen, mobilisieren ‚Die satanischen Verse‘ einen Protest, der die Systemdifferenzierung nicht anerkennt.“
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