ADFC-Fahrradklimatest
Münster als Fahrradhauptstadt entthront
Münster
Münster ist beim aktuellen Fahrradklimatest des ADFC nicht mehr die Nummer eins in Sachen Fahrradfreundlichkeit. Vor allem die Antworten auf die Frage, wie sicher sich Radfahrer im Straßenverkehr fühlen, sind beunruhigend.
Münster ist als fahrradfreundlichste Großstadt Deutschlands entthront worden. Beim soeben vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) vorgestellten Ergebnis des Fahrradklimatests belegt Münster nur Platz zwei. Neue Fahrradhauptstadt ist Karlsruhe.
Bei dem Test war die Bevölkerung aufgefordert, bundesweit die Verkehrsbedingungen für Fahrradfahrer zu bewerten. Bei den letzten sechs Fahrradklima-Tests hatte Münster stets den ersten Platz erreicht. Diesmal gab es für den Dauersieger nur noch ein Gesamturteil von 3,25 nach dem Schulnotensystem (2016: 3,07). In Münster nahmen knapp 1500 Menschen an der Umfrage teil.
Gewinner und Aufholer in der ADFC-Umfrage
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat die fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands in sechs Kategorien gekürt, die von der Größe der Kommune abhängen. Radfahrer konnten für ihr Urteil Schulnoten vergeben. Eine Übersicht:
Großstädte mit mehr als 500 000 Einwohnern:
1. Platz: Bremen - Note 3,55
2. Platz: Hannover (Niedersachsen) - Note 3,77
3. Platz: Leipzig (Sachsen) - Note 3,85
Aufholer: Berlin - Note 4,27
Große Städte mit 200 000 bis 500 000 Einwohnern:
1. Platz: Karlsruhe (Baden-Württemberg) - Note 3,15
2. Platz: Münster (Nordrhein-Westfalen) - Note 3,25
3. Platz: Freiburg im Breisgau (Baden-Württemberg) - Note 3,42
Aufholer: Wiesbaden (Hessen) - Note 4,42
Städte mit 100 000 bis 200 000 Einwohnern:
1. Platz: Göttingen (Niedersachsen) - Note 3,35
2. Platz: Erlangen (Bayern) - Note 3,39
3. Platz: Oldenburg (Niedersachsen) - Note 3,54
Aufholer: Offenbach am Main (Hessen) - Note 3,63
Städte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern:
1. Platz: Bocholt (Nordrhein-Westfalen) - Note 2,39
2. Platz: Nordhorn (Niedersachsen) - Note 2,62
3. Platz: Konstanz (Baden-Württemberg) - Note 3,10
Aufholer: Konstanz
Städte von 20 000 bis 50 000 Einwohnern
1. Platz: Baunatal (Hessen) - Note 2,67
2. Platz: Ingelheim am Rhein (Rheinland-Pfalz) - Note 2,71
3. Platz: Rees (Nordrhein-Westfalen) - Note 2,95
Aufholer: Emmendingen (Baden-Württemberg) - Note 3,50
Städte und Gemeinden bis 20 000 Einwohnern
1. Platz: Reken (Nordrhein-Westfalen) - Note 1,97
2. Platz: Wettringen (Nordrhein-Westfalen) - Note 1,98
3. Platz: Heek (Nordrhein-Westfalen) - Note 2,37
Aufholer: Oschatz (Sachsen) - Note 3,97
Sonderpreis für Familienfreundlichkeit: Wettringen
Lewe: „Infrastruktur nicht mehr überall zeitgemäß”
„Auch wenn es diesmal nicht der Spitzenplatz ist, freue ich mich natürlich über die erneute Platzierung auf dem Podium”, kommentierte Oberbürgermeister Markus Lewe das Abschneiden. „Wir wissen, dass die Infrastruktur mit Blick auf die steigende Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer in unserer dynamisch wachsenden Stadt nicht mehr überall zeitgemäß ist. Verbesserungen werden in verschiedenen Bereichen bereits umgesetzt”, wird er in einer Mitteilung der Stadt Münster zitiert. Dazu gehörten die einheitliche Rotfärbung von Radwegen und Fahrradstraßen, damit diese besser wahrgenommen werden. Die Ausweisung weiterer Fahrradstraßen stehe ebenso auf der Agenda wie die Umsetzung des Veloroutenkonzepts für die Stadtregion.
Wachsendes Unsicherheitsgefühl
Eins der Ergebnisse des Fahrradklima-Tests: Radfahrer in Deutschland fühlen sich im Straßenverkehr immer unsicherer. Im Ergebnis bewerteten Radfahrer ihr Sicherheitsgefühl nur noch mit der Schulnote 4,2. Bei der vergangenen Befragung im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei 3,9. Vor allem in großen Städten haben Eltern Sorge, ihre Kinder allein auf dem Rad fahren zu lassen.
„Erschreckende Entwicklung“ in Münster
Das Ergebnis der Umfrage spiegelt sich in Münster auch in der Unfallstatistik wieder. So hat die Zahl der verunglückten Radfahrer im letzten Jahr um 118 auf 863 zugenommen. Zwei Radfahrer kamen ums Leben. Bei der Vorstellung der Statistik im Februar sprach Polizeipräsident Hajo Kuhlisch von einer „besorgniserregenden, erschreckenden Entwicklung.“
Radverkehr-Anteil stagniert
Der ADFC wertet dieses Umfrageergebnis als besorgniserregend. Viele Radfahrer fühlten sich als Verkehrsteilnehmer nicht ernst genommen, von Falschparkern auf Radwegen behindert und durch schlechte Rad-Infrastruktur ausgebremst. Das sei der Hauptgrund dafür, dass der Anteil von Rädern im Straßenverkehr nicht weiter wachse. Aktuell liege er bei 11 Prozent. Sinnvoll wären nach Ansicht des ADFC 30 Prozent wie in den Niederlanden.
Für den Test beantworteten rund 170.000 Radfahrer aus deutschen Städten und Gemeinden jeweils rund 30 Fragen rund ums Radfahren. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, gilt aber als Stimmungsbarometer.