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Foto-Flashmob „#1secMS“

Münster im Corona-Blues

Münster

Am 15. Juli um Punkt 12 Uhr waren die Münsteraner vom Künstler Thomas Nufer aufgefordert, Momentaufnahmen zu fotografieren. Jetzt wird der Bilderbogen präsentiert – die Regie bei der Motivauswahl führte unverkennbar Corona.

Karin Völker

Thomas Nufer hat die Münsteraner aufgefordert, ihm Momentaufnahmen vom 15. Juli um Punkt 12 Uhr zu schicken. Das Ergebnis ist jetzt an mehreren Präsentationsterminen zu sehen. Foto: Matthias Ahlke

Wie sich die Zeiten ändern. Thomas Nufer, der am 15. Juli die Münsteraner um Punkt 12 Uhr bei der Aktion „#1secMS“ aufgefordert hatte, eine Momentaufnahme zu fotografieren, ist selbst überrascht. Ein bisschen hatte der Aktionskünstler und Manager origineller Kulturevents erwartet, dass sich das Thema Corona im Ergebnis niederschlagen würde. Dass die Pandemie aber derart die Regie im aktuellen Münster-Bilderbogen dieser Mittagsekunde übernehmen würde, das war nicht vorherzusehen.

Die etwa 1000 Bilder von ebensovielen Münsteranern zeigen zu einem ganz überwiegenden Teil ausgestorbene Straßen, leere Balkons und Gärten, Bäume, Blumen Lebensmittel, ein Putzfeudel – viel Grün und fast ausschließlich Stillleben. Menschen sind als Motiv die Ausnahme auf den Schnappschüssen, immerhin Haustiere bringen ein bisschen Leben in die Sammlung.

Ergebnis der Kunstaktion wird in der Stadt gezeigt

„Corona hat das Seelenleben und die Wahrnehmung der Menschen immens geprägt“, sagt Nufer über diese große Innerlichkeit, die sich vorwiegend in Äußerlichkeiten dokumentiert. Das Ergebnis der Aktion präsentiert Nufer nun an mehreren Tagen in der Stadt an verschiedenen Orten.

Nach der Vernissage am Donnerstagabend wird der Bilderbogen für die Öffentlichkeit am heutigen Freitag und morgigen Samstag jeweils von 15 bis 20 Uhr in einem großen, leerstehenden Ladenlokal im Kettlerschen Hof am Picassoplatz gezeigt. Die Wirtschaftsförderung Münster hat bei der Bereitstellung des großen Raums geholfen.

Fotos von vor 20 Jahren

Richtig interessant macht der Kontrast diese Aktion. Vor 20 Jahren, am ersten Schalttag des damals neuen Jahrtausends, am 29. Februar 2000, hatte Nufer schon einmal die Münsteraner aufgefordert, ihm Fotos aus der Sekunde um 12 Uhr mittags zu senden. Auch eine Auswahl dieser Schwarz-Weiß-Fotos werden nun großformatig an die Wand geworfen. Sie zeigen häufig Gruppen fröhlicher Menschen, viele Kinder, überhaupt jede Menge menschlicher Gesichter, darunter auch manches in Münster bekannte.

Es sind Bilder aus einer anderen Zeit, meist unbeschwert und nicht geprägt von einer Pandemie und außerdem von Sorgen um Datenschutz und Persönlichkeitsrecht im Internet. Vor 20 Jahren war es noch Standard, mit echtem Film und einem Fotoapparat zu fotografieren – und trotz der gemessen am heute üblichen Handyfoto so viel der umständlicheren Prozedur gingen damals rund 3000 Bilder ein, dreimal so viele wie jetzt. „Und das, obwohl die Handyfotografie doch eine Bilderflut auslöst“, sagt Thomas Nufer. Die Bilderschau, die von einer melancholisch-meditativen Sound-Collage von Willi Landsknecht untermalt wird, dauert 140 Minuten und läuft in einer Endlosschleife. Stühle und Sitzkissen sind mit Abstand in dem großen Raum, verteilt.

An diesen Tagen sind die Projektionen zu sehen

Die Projektion ist außerdem an folgenden Terminen zu sehen: Montag (31. August, 12 bis 18 Uhr im Erbdrostenhof; Freitag (4. September) von 19 bis 23 Uhr in der Martinikirche, zusammen mit einem Live-Konzert des münsterischen Liedermachers Stefan Sundrup (gegen 20 Uhr): Samstag (5. September) von 13 bis 17 Uhr in der Lambertikirche; Dienstag (18. September) von 20 bis 24 Uhr an der Apostelkirche. Der Eintritt ist jeweils frei.

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