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Bekämpfung der Straßenkriminalität wird neues Behördenziel

Polizei nimmt Bahnhof ins Visier

Münster

Die Bekämpfung der Straßenkriminalität rund um den Hauptbahnhof wird neues Behördenziel im Polizeipräsidium Münster. Damit reagiert die Behörde auf den öffentlichen Druck der vergangenen Monate und die Zahl der weiteren Delikte zwischen Bremer Platz und Engelenschanze.

Ralf Repöhler

  Foto: kal

Das Maß ist voll. Was viele Anwohner und Passanten aus dem Bahnhofsumfeld schon seit Langem denken, lenkt nun auch das Polizeipräsidium Münster beim Festlegen seiner Behördenziele für das kommende Jahr 2018. Danach soll die Bekämpfung der Straßenkriminalität im gesamten Bahnhofsumfeld bis zur Engelenschanze neues Behördenziel und damit eine besondere Einsatzpriorität bekommen.

Mit den Behördenzielen legt die Polizei die Schwerpunkte ihrer Arbeit fest, was vor allem mit entsprechendem Personaleinsatz zu tun hat. Seit Jahren gehören zu den Behördenzielen das Vorgehen gegen die hohen Einbruchszahlen und die Unfallprävention.

Strategien sollen festgelegt werden

Rund um Münsters neuen Hauptbahnhof sollen Delikte wie Drogenhandel, Körperverletzung, Raub und Diebstahl stärker ins Visier genommen werden. In diesen Tagen sitzen die Direktionen im Polizeipräsidium zusammen, um in der Strategiekonferenz die drei Behördenziele 2018 festzulegen.

„Es zeichnet sich ab, dass die Bekämpfung der Straßenkriminalität im Bahnhofsumfeld dabei ist“, bestätigt Polizeipräsident Hajo Kuhlisch. Das bisherige Ziel, die Taschendiebstähle zu mindern, werde darin einfließen.

Polizeipräsident Hajo Kuhlisc

Während die Polizei entschlossen gegen die noch nicht gefestigte Dealer-Szene im Park an der Engelenschanze vorgeht, wird die Drogen-Szene am Bremer Platz allerdings auch künftig geduldet. In einem gemeinsamen Ratsantrag von CDU und Grünen fordern die beiden Mehrheitsfraktionen die Aufenthaltsflächen für die Szene, die sich im Bahnhofsumfeld aufhält, zu sichern beziehungsweise welche zu schaffen.

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Bremer Platz: „Bahnhofsszene nicht verdrängen“

Szene ist nicht vom Bahnhof wegzubekommen

„Geeignete Outdoor-Points und teiloffene Treffpunkte“, so CDU und Grüne, „sind einzurichten.“ Mittel sollen in den Haushaltsjahren ab 2018 fließen.

Kuhlisch hält es für „sinnvoll, dieser Gruppe einen Platz zu bewahren“. Das könne allerdings nur mit klaren Regeln, baulichen Veränderungen und einer festgelegten Größe gelingen. „Wir werden diese Szene nicht vom Hauptbahnhof wegbekommen. Das Problem gibt es in jeder größeren Stadt“, sagt Kuhlisch.

Seit Jahren werden am Bremer Platz in aller Öffentlichkeit harte Drogen wie Heroin und Speed konsumiert – und gehandelt. Kuhlisch: „Hier sind viele richtig suchtkranke Menschen.“

Hospiz für Junkies

Seit Jahren gibt es die harte Drogen-Szene am Bremer Platz. Viele der Junkies im Schatten des Hauptbahnhofes sind inzwischen in die Jahre gekommen. Polizeipräsident Hajo Kuhlisch sagt: „Was passiert, wenn diese Menschen nicht mehr auf der Platte leben können?“ Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, über ein Junkie-Hospiz nachzudenken, das in Münster ältere Drogensüchtige aufnehmen könnte. -rr-

Situation „kleinen Bahnhofstraße“ entspannt

Die Sorge von Politik und Polizei ist, dass sich die Drogen-Szene in die angrenzenden Wohnquartiere in Richtung Hafen verlagert, wenn sie am Bremer Platz vertrieben würde. Eine Verdrängung stellt keine Problemlösung dar, heißt es im Antrag von CDU und Grünen. „Dann sitzt die Szene im Hafen und auf Kinderspielplätzen“, warnt auch Kuhlisch.

Die Situation an der sogenannten „kleinen Bahnhofstraße“ hat sich aus Sicht der Polizei entspannt. Drogenhändler seien dort nicht mehr präsent, die Trinkerszene habe sich inzwischen zum Haus der Wohnungslosen orientiert. Nach dem Abriss der Westfalen-Tankstelle hatten sich die Menschen vor allem am Bauzaun aufgehalten, was bei Anliegern für Ärger sorgte.

Kommentar: Zuviel Verständnis

Der Bremer Platz ist kein rechtsfreier Raum – auch wenn man an vielen Tagen diesen Eindruck gewinnen muss. Knallharte Drogen wie Heroin werden dort in aller Öffentlichkeit konsumiert. Schon morgens setzen sich Junkies ihre Spritzen im Park vor den Augen von Passanten. CDU, Grüne und Polizei wollen das weiter dulden – auch wenn der Drogenhandel konsequent verfolgt werden soll. Ihre Begründung: Die Szene am Bahnhof sei transparent, der Drogen-Konsum geschehe in geordneten Bahnen, eine Vertreibung würde die Szene in die Wohnquartiere bis zum Hafen verlagern. Und dort will sie erst recht keiner haben.

Zumindest der letzte Punkt stimmt. Richtig ist aber auch, dass die Stadt längst kapituliert vor der inzwischen massiven Drogen-Szene, die immer größer geworden ist. Auch weil es in Münster so viel Verständnis für sie gibt.  Ralf Repöhler

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