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„Das ist eine wahnsinnige Leistung“

Rettungstaucher Silvan Rieder zum Höhlen-Unglück

Münster

Das Drama in Thailand berührt den münsterischen Taucher Silvan Rieder. Unsere Zeitung sprach mit ihm.

Arndt Zinkant

Die Höhle in Thailand zu betreten, gilt in der Regenzeit als sehr gefährlich. DLRG-Lehrtaucher Silvan Rieder (Bild im Text) aus Münster weiß, wie man Anfänger einweist. Foto: dpa

Die Welt atmet ein wenig auf – und Münster? Wie beurteilen hiesige Experten die Rettungs-Aktion für die Jungen-Fußballmannschaft, die in der überfluteten Höhle in Thailand teilweise noch immer festsitzt? Silvan Rieder, Anästhesist am Uniklinikum, ist gerade auf dem Weg in den OP, findet aber am Handy noch Zeit für eine Einschätzung. Seit 2008 ist der Arzt bei der DLRG in Münster und dort mittlerweile Lehrtaucher. Das Tauchen in Höhlen kennt Rieder aus eigener Erfahrung – wenn auch nur vom Urlaub her.

Mit den Rettungseinsätzen, die hier in der Ems, der Werse oder auch am Aasee bewältigt werden müssen, lasse sich der Katastrophen-Einsatz der Thailänder kaum vergleichen. Allein die Tat­sache, dass die dortigen Kollegen mit steigendem oder absinkenden Wasser kal­kulieren müssen, sei ein grundlegender Unterschied. Grundsätzlich gelte in der Tham-Luang-Höhle: Je nie­driger der Wasserstand, umso mehr Wegstrecke kann im Gehen bewältigt werden.

Silvan Rieder Foto: privat

Aber wie soll das überhaupt zu schaffen sein – stundenlange, vier Kilometer weite Tauchwege – mit Jungen, die kaum schwimmen, geschweige denn tauchen können? „Man kann die Jungen in der Höhle anweisen wie jeden Anfänger eines Tauchkurses auch“, sagt Rieder. Das betreffe ­natürlich nur den Gebrauch der Atemmaske, des „Lungenautomaten“. Im Gegensatz zum Tauchkursus könne man natürlich nicht zwischendurch an die Ober­fläche, wenn ein Problem auftrete, etwa beim Druckausgleich.

Ebenso seien die engen Höhlentunnel ein Problem: da könne man leicht mit schwerem Gerät hängen bleiben oder sich verletzen. Rettungstaucher wie Silvan Rieder trainieren zwar nicht einen Höhlen-Einsatz, wohl aber den in überfluteten Gebäuden. Was die Einsätze in Münster angehe, so müsse allenfalls eine Person in einem versunkenen Fahrzeug im Kanal befreit werden. Alles in allem wagt Silvan Rieder keine Prognose zum Ausgang des Rettungseinsatzes: „Dafür habe ich zu wenig konkrete Informationen.“

Wie steht es um die ­gesundheitlichen Risiken? Sportmediziner Prof. Stefan-Martin Brand (Uniklinik), weist auf ein ganzes Bündel an Problemen hin: An­gefangen bei der Lungen­kapazität, die bei Jugend­lichen geringer ist. Zwar sei die Verfassung bei sport­lichen jungen Fußballern als gut einzuschätzen, dennoch könne es zu Herzrhythmusstörungen beim Tauchen kommen.

Und: Die Jungen seien nach Wochen in der sauerstoffarmen Höhle entkräftet und psychisch massiv be­lastet. Die Gefahr der Unterzuckerung sei gegeben. Generell gelte: Bei Angst­zuständen ist vom Tauchen abzuraten – was in der konkreten Situation natürlich nicht gehe. Der Sportmediziner: „Wenn das am Ende ­alles gutgeht, ist das eine wahnsinnige Leistung.“

Das Höhlen-Unglück

12 Mitglieder einer thailändischen Jungen-Fußballmannschaft waren zusammen mit ihrem Trainer in der überfluteten Tham-Luang-Höhle mehrere Wochen eingeschlossen. Die Rettungschancen galten als gering. Am Sonntag gelang die Rettung von vier Jungen durch Spezialtaucher; Montagnachmittag wurden vier weitere Jungen befreit. Damit war der Einsatz für diesen Tag beendet, sodass nun noch vier Jungen und ihr Trainer in ihrem „nassen“ Höhlenkerker ausharren müssen. Und die Zeit arbeitet gegen sie: Wegen der Monsun-Saison drohen neue Regenfälle.

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