1. www.wn.de
  2. >
  3. Münster
  4. >
  5. Ruhe zwischen guten Büchern

  6. >

Stadtbücherei

Ruhe zwischen guten Büchern

Münster

Unterhaltung auf allen Kanälen: Wer heutzutage etwas gegen Langeweile tun möchte, geht meist ins Internet. Filme, Videos, Musik und auch Bücher gibt es dort günstig und in rauen Mengen. Die Stadtbücherei ist aber trotzdem noch immer sehr beliebt.

Anna Spliethoff

Julia Karami und ihre Töchter Nahid (l.) und Rojin kommen meistens einmal pro Woche in die Bücherei  Foto: anf

„Es gibt keinen Ort in Münster, wo so viele unterschiedliche Menschen unter einem Dach zusammen kommen“, meint Monika Rasche. Sie ist die Leiterin der Stadtbücherei. In den vergangenen zehn Jahren hat sie viele Veränderungen erlebt.

Es ist durchaus die Frage zu stellen, wer noch in die Bücherei geht – angesichts elektronischer Medien, die sich jeder aus dem Internet besorgen und bequem auf dem Sofa ansehen kann. Monika Rasche hält dagegen: „Wir erreichen Menschen aller Altersklassen.“ Im letzten Jahrzehnt sei vor allem der Anteil von Menschen über 60 gestiegen. Aber es gebe auch „erfreulich hohe Zuwachsraten bei Kindern und Jugendlichen“. Mehr als ein Drittel der aktiven Nutzer im vergangenen Jahr war unter 18.

Weggebrochen sei jedoch die Altersklasse der 20- bis 30-Jährigen, sagt Rasche. Den Hintergrund vermutet sie darin, dass „das Studium sehr verschult ist“, es bleibe vielleicht weniger Zeit zum Lesen. Sie freut sich aber über eine andere Beobachtung: „Im Familienalter kommen die Menschen wieder in die Bibliothek zurück.“

Aber wieso nutzen Menschen immer noch die Stadtbücherei? Was bietet sie, was das Internet nicht hat? Monika Rasche meint, dass die Bücherei „als Aufenthaltsort und Begegnungsstätte eine größere Bedeutung bekommen hat“. Sie räumt jedoch ein: „Die ganz hohen Ausleihzahlen haben wir nicht mehr.“ Früher waren es bis zu zwei Millionen ausgeliehener Medien im Jahr, es gab einen Rückgang von mehr als zehn Prozent – gestiegen sind aber die Besucherzahlen. Ein Trend, den die auf Drängen der Politik zum 1. Februar erhöhten Ausleihgebühren vielleicht noch verstärken.

Silan Sözeri sitzt regelmäßig in den ruhigen und hellen Räumen. Die 20-Jährige ist eine von vielen, die oft zum Lernen vorbeikommen. Sie macht im Frühjahr Abitur: „In den Klausurenphasen bin ich fast jeden Tag nach der Schule hier.“ Der Grund: „Hier ist es ruhig – kein Laptop, kein Handy. Hier kann ich besser lernen, ich lenke mich nicht so ab.“

Julia Karami hat ihre Töchter Nahid und Rojin auf dem Schoß und blättert durch ein Bilderbuch. Mindestens einmal pro Woche kommen die drei in die Bücherei. Lesen können die Mädchen noch nicht, aber „die beiden lieben einfach Bücher“. Auch Mutter Julia Karami liest gern: „Ich finde es schön, wenn Kinder da reinwachsen.“ Ihr gefällt außerdem, dass ihre Kinder in der Bücherei spielen und toben können.

Monika Rasche

Die Entwicklung zu elektronischen Medien geht auch an der Stadtbücherei nicht vorbei. Von 37 000 aktiven Nutzern im vergangenen Jahr haben „5000 nichts haptisch ausgeliehen“, sagt Monika Rasche. Nutzer können die E-Books bequem von zu Hause ausleihen: „Da zeichnet sich ein Trend ab.“ In der Summe seien aber noch immer gedruckte Bücher am beliebtesten: „Ich sehe da nicht, dass das eine das andere ablöst.“ Von mehr als 227 000 Medien im Bestand des vergangenen Jahres waren 77 Prozent Bücher.

Monika Rasche ist sich sicher: „Dieser Abstand wird bleiben.“ Möglicherweise werde die Zahl der Bücher wieder zunehmen. Denn vor allem Filme und CDs würden durch die Streamingdienste immer mehr aus dem Sortiment verschwinden.

Startseite