Sparkassenbilanz im Jahr 2021
Sparkassen fordern Zinserhöhung
Münster
Die Sparkassen in Westfalen-Lippe legen eine erstaunliche Erfolgsbilanz vor. Trotz des schwierigen Umfelds schrumpft der Gewinn kaum. Doch die wachsende Inflation macht Sorgen.
Ihr Appell klang dramatisch: „Die hohe Inflation hat das Zeug dazu, Armut ins unsere Gesellschaft zu tragen“, mahnte Prof. Dr. Liane Buchholz am Montag. Die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe (SVWL) in Münster übte bei einer Online-Vorstellung der Bilanz der westfälischen Sparkassen scharfe Kritik an der Europäischen Zentralbank und ihrer Präsidentin Christine Lagarde: „Frau Lagarde wartet zu lange und befeuert damit die Krise.“ Die Sparkassen erwarten für 2022 eine extrem hohe Preissteigerungsrate von über vier Prozent. „So kann und so darf das nicht weitergehen“, mahnte Buchholz.
Mit Blick auf die Pläne der Finanzaufsicht Bafin, die Geldhäuser zu verpflichten, Wohnungsbaukredite mit einer zweiprozentige Sicherheit zu unterlegen, forderte die SVWL-Präsidentin „mehr Augenmaß bei der Regulierung“. Für die Häuslebauer und -käufer würde sich damit der Kredit verteuern. Auch die zum 1. Januar geplante Ratingpflicht für Unternehmen bei der Kreditvergabe nannte Buchholz „einen falschen Weg“. Es gebe keinen Grund dem bislang angewandten internen Rating der Sparkassen zu misstrauen und auf ein externes Rating zu setzen.
Scharfe Kritik an der EZB
Die 56 Sparkassen in Westfalen-Lippe haben im vergangenen Jahr neue Rekorde erzielt: Sowohl im Kreditgeschäft als auch bei den Kundeneinlagen gab es neue Höchstwerte: Der Bestand an Kundenkrediten stieg auf 107,9 Milliarden € (plus 5,4 Prozent), die Summe der Kundeneinlagen wuchs im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent auf 117,5 Milliarden €. Den Rückgang im Zinsergebnis um 62 Millionen € konnten die Sparkassen durch Steigerungen im Provisionsgeschäft um 58 Millionen € nahezu kompensieren. „Damit liegen unsere Sparkassen gut auf Kurs zur wachsenden Unabhängigkeit vom Zinsgeschäft“, betonte SVWL-Vizepräsident Jürgen Wannhoff. Deshalb sei der Ertrag, also das Betriebsergebnis vor Bewertung, trotz des schwierigen Zinsumfeldes lediglich von 0,81 auf von 0,75 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme gesunken, betonte Wannhoff. In absoluten Zahlen: minus 0,8 Prozent auf 1,17 Milliarden €. Das Wertpapiergeschäft – vor allem mit Investmentfonds sei 2021 um 83 Prozent gewachsen, berichtete der Vizepräsident.
Immer mehr Sparkassenkunden führen ihre Konten online. Inzwischen liegt deren Anteil bei 67 Prozent – nach 63 Prozent im Vorjahr. Der Bedarf an Filialen sinke deshalb, so der Verband. Deren Zahl ging im vergangenen Jahr in ganz Westfalen-Lippe um weitere 50 auf 1164 zurück.
Vergleicht man die Zahlen aller westfälischen Sparkassen mit denen im Regierungsbezirk Münster fällt im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region insbesondere der deutlich stärkerer Rückgang der Sichteinlagen und ein Zuwachs bei den Termingeldern auf. Während die Sichteinlagen westfalenweit um 0,9 Prozent sanken, schrumpfte deren Bestand im Regierungsbezirk Münster um 4,7 Prozent. Gleichzeitig gab es 2,9 Prozent mehr Termingelder. In Westfalen-Lippe insgesamt wurde eine Minus von 27,8 Prozent verbucht.
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